Medienfarce "FAS" verhöhnt Grass-Gedicht in der "SZ"

Günter Grass wird zum Gespött: Das in der "Süddeutschen" veröffentlichte Griechenland-Gedicht habe sich die Satirezeitschrift "Titanic" ausgedacht, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Das soll lustig sein.
Günter Grass (Archivbild):

Günter Grass (Archivbild):

Foto: dapd

Hamburg - Günter Grass hat sich wieder mit einem Gedicht zur aktuellen politischen Situation gemeldet - und wieder veröffentlichte die "Süddeutsche Zeitung" die dürren Zeilen. Diesmal dichtete der Literaturnobelpreisträger nicht über Israel, sondern über Griechenland.

Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" nahm das zum Anlass, den greisen Dichter vorzuführen. Nicht Grass, sondern die Satirezeitschrift "Titanic" habe das Griechenland-Traktat verfasst, heißt es in einem Artikel . Im Internet schnell etwas zusammengegoogelt, "die Satzstellung leicht verschoben, die unsinnigsten Genitivkonstruktionen aneinandergereiht und fertig", schreibt Volker Weidermann.

Ist die "Süddeutsche Zeitung" auf eine Fälschung hineingefallen? Nein, im Vorspann des Textes findet sich ein kleiner Hinweis auf den Charakter der angeblichen Enthüllung. Die Satirezeitschrift "hätte die Persiflage eines Grass-Gedichts auch nicht besser hinbekommen", heißt es dort zumindest in der Online-Version. Hätte, denn sie hat nicht. In der gedruckten Ausgabe fehlt der Konjunktiv, da erscheint der Artikel ohne Satire-Signal unter der Überschrift "Nachrichten".

So genau haben einige Leser aber offenbar nicht hingeschaut, auf Twitter wurde zunächst der vermeintliche Coup der "Titanic" gefeiert. Die "Süddeutsche" habe sich trollen lassen von der "Titanic", hieß es, und dass die Zeitung sich da etwas habe "andrehen" lassen. Der Chefredakteur von Süddeutsche.de, Stefan Plöchinger, griff aus dem Urlaub in Paris ein und verwies  auf einen Mitschnitt des NDR, in dem Grass sein Griechenland-Gedicht selbst vorträgt .

Der Autor des Fakes, der für das Feuilliton der "FAS" verantwortlich zeichnet, sieht seinen Beitrag nicht als Satire oder als Scherz. "Fiktion und Wahrheit sind ja nicht mehr wirklich zu unterscheiden", sagte Weidermann am Sonntag. "Ob sich das jetzt die "Titanic" oder Günter Grass ausdenkt, ist für mich kein großer Unterschied." Entschuldigen in einem ernsthaften Sinne wolle er sich "ganz bestimmt nicht". "Günter Grass wird es immer weiter treiben mit der Absurdität seiner Selbstgewissheit und das ist dann genauso lustig, wie wenn es die "Titanic" schreibt."

Gespottet wird über Grass ohnehin schon. Auf Twitter, dem kurzweiligen Unterhaltungsmedium mit Riesenverstärker, finden sich Dutzende Einträge. Nur zwei Beispiele:

Schulte-Richtering:  Am meisten Schiss bei einem EM-Aus der deutschen Mannschaft habe ich vor dem anschließenden Gedicht von Grass.

Der Dings:  "Heimleiter Du / den das Spardiktat zwingt / die Reinigungskraft / schon um 5 30 Uhr..." "Ist gut, Herr Grass, hier ist Ihre Schnabeltasse."

ore/dpa

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