Gegen Selbstzensur Umstrittener "Ehrenmord"-Krimi erscheint doch

Die Entscheidung sorgte für einige Aufregung: Aus Angst vor negativen Reaktionen schmiss ein Düsseldorfer Verlag einen Ehrenmord-Krimi aus dem Programm. Feine Sache, dachte sich ein Konkurrent - und veröffentlicht das umstrittene Werk jetzt kurzerhand selbst.

Hamburg/Leer - Verlegerisches Kalkül oder heroischer Kampf für die Kunst- und Meinungsfreiheit? Beides mag irgendwie eine Rolle spielen bei dieser Entscheidung, verdienstvoll ist sie aber auf jeden Fall: Der aus Angst vor islamistischen Reaktionen zunächst abgelehnte Ehrenmord-Kriminalroman von Gabriele Brinkmann erscheint jetzt doch.

Wie der Leda-Verlag aus dem ostfriesischen Leer am Mittwoch mitteilte, ist das Buch mit dem Titel "Wem Ehre gebührt" kurzfristig in das Programm aufgenommen worden. Der Roman soll bereits am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert werden und ab dem 19. Oktober im Handel erhältlich sein.

Nach Angaben des Verlagshauses sei es nach der Lektüre "gar keine Frage mehr gewesen", das Buch zu drucken. "Der Roman ist kritisch und dürfte manchen provozieren, natürlich, aber er differenziert auch", sagte die Verlegerin Heike Gerdes. Das Buch greife nicht "die Türken" oder "den Islam" an, sondern nur die Auswüchse einer frauenfeindlichen Einstellung, die sich auf Tradition und Religion berufe, um Männern die Macht zu erhalten.

Ganz so locker wie das klingt, nahm die Verlegerin die ganze Sache dann aber doch nicht: Aus Gründen der Vernunft seien die Polizei am Verlagssitz in Leer und am Wohnort der Autorin Gabriele Brinkmann in Bochum verständigt worden.

So mutig - oder konsequent - wie Verlegerin Gerdes waren ihre Kollegen vom Düsseldorfer Droste Verlag zuvor nicht. Wie der SPIEGEL exklusiv berichtete, hatte das Verlagshaus Ende Oktober aus Furcht vor möglichen Repressalien durch Islamisten den Roman zurückgezogen.

Eigentlich hätte das Buch von Brinkmann, die den Krimi unter dem Pseudonym W.W. Domsky geschrieben hatte, Ende September veröffentlicht werden sollen. Droste hatte jedoch ähnliche Reaktionen wie nach Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen befürchtet. Und da die Autorin sich weigerte, Dialog-Passagen wie "… schiebt euch euren Koran doch …" durch etwa "… schiebt euch eure Ehre doch …" oder "Erst die grüne Hölle" durch "Erst der grüne Kitsch" zu ersetzen, gab der Verlag die Rechte an dem Krimi wieder zurück.

tdo/ddp/dpa
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