Obama und Biden als Kriminalisten Joe, hol schon mal den Wagen

Joe Biden klärt einen Todesfall daheim in Delaware auf, mithilfe seines alten Chefs, Ex-Präsident Barack Obama: Dieses Szenario spielt "Hope Never Dies" durch, ein amüsanter und ein wenig wehmütiger Roman.

Was durfte man erhoffen von diesem Roman, der die Hoffnung schon im Titel trägt? "Hope Never Dies" - das erinnert an die optimistischen Wahlkampfslogans Barack Obama ebenso wie an die immer etwas kryptisch-reißerischen Titel von James-Bond-Filmen. Auf dem comichaften Cover sind zwei Männer in Action-Pose zu sehen, bei denen es sich ohne Zweifel um das je nach politischer Ausrichtung überaus beliebte oder völlig verhasste Politikerduo Barack Obama und Joe Biden handelt.

Was durfte man erhoffen von einem Thriller, der in der Art von Fan-Fiction zwei Figuren der Zeitgeschichte zu den denkbar unwahrscheinlichsten Helden in einem Drogenkrimi macht?

Geschrieben wurde er von einem Autor, in dessen literarischer Vita sich etliche Obskuritäten finden, darunter eine sinnlose Parodie auf das an sich schon läppische Sadomasomärchen "50 Shades of Grey", die darüber hinaus auch noch den kreuzdummen Titel "Fifty Shames of Earl Grey" trägt, sowie eine witzig gemeinte Anleitung zum Überleben nicht existenter Naturphänomene wie die aus der gleichnamigen Filmereihe bekannten "Sharknados", bei denen es Haie vom Himmel regnet.

Was also durfte man erhoffen von Andrew Shaffers "Hope Never Dies"? Oder besser: Musste man das Schlimmste befürchten?

Wer jetzt ein durchgeknalltes Krimi-Gag-Spektakel im Stil der "Nackten Kanone"-Filme erwartet, wird enttäuscht. Zunächst einmal ist "Hope Never Dies" - in den USA bereits im Juli 2018 veröffentlicht - ein gradlinig erzählter Krimi, dann eine Buddy-Komödie und nicht zuletzt ein Dokument des politischen Niedergangs. Und der Roman funktioniert auf allen drei Ebenen überraschend gut.

Opioidkrise in Bidens Heimat

Der Kriminalfall führt Biden und Obama mitten in die Opioidkrise - rund 400.000 Todesopfer gab es in den USA in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Auch Wilmington im Bundesstaat Delaware, in dem mehr als die Hälfte aller Fortune-500-Unternehmen ihren Sitz haben, ist davon betroffen. In Teilen des 70.000-Einwohner-Städtchens, seit rund einem halben Jahrhundert Joe Bidens Zuhause, sind Gang-Kriminalität und Drogenhandel außer Kontrolle.

Biden gerät zwischen die Fronten des Kriegs gegen die Drogen, als er einen mysteriösen Todesfall aufklären will: Ein langjähriger Bekannter wurde von einem Zug überfahren und hatte die Taschen voller Heroin, obwohl er doch nicht einmal Alkohol trank. Biden bekommt es mit einer mörderischen Motorradgang und korrupten Cops zu tun, er wird verprügelt und mit Schusswaffen bedroht. Gut, dass er immer wieder auf Obamas Hilfe zählen kann.

Shaffer erzählt seine Geschichte routiniert, mit sicherem Gespür für Tempo und Spannungsaufbau. Doch vor allem dient sie ihm dazu, die Bromance zwischen Biden und Obama wieder aufleben zu lassen. "Hope Never Dies" lebt vom Nimbus dieser beiden Sympathiefiguren, die Shaffer im Stil von TV-Komödien wie der aktuellen Netflix-Serie "The Kominsky Method" in Szene setzt. Mit pointierten Dialogen und einem Hauch von Altersmelancholie.

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Shaffer, Andrew

Hope Never Dies: Ein Fall für Obama und Biden. Kriminalroman (Die Obama-und-Biden-Krimis, Band 1)

Verlag: Droemer TB
Seitenzahl: 320
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Preisabfragezeitpunkt

31.03.2023 03.33 Uhr

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Shaffers Roman ist auch eine wehmütige Reminiszenz an acht Jahre, die den Menschen in den USA Hoffnung gegeben haben, ohne dass er diese Zeit verklären würde. In einem der schönsten Dialoge fragt Biden, ob sie überhaupt etwas erreicht haben, die Welt vielleicht ein bisschen besser gemacht haben. Und Obama antwortet: "Das weiß ich nicht, Joe. Ich weiß es einfach nicht."

Mit einer passenden Pointe endet der Roman: Joe Biden wird bei einer Schießerei ausgerechnet die Freiheitsmedaille das Leben retten, die Obama ihm in den letzten Tagen ihrer gemeinsamen Amtszeit verliehen hatte. Der vielleicht berührendste Moment ihrer Zusammenarbeit, als der scheidende Vizepräsident der USA vor laufenden Kameras in Tränen ausbrach und von dem man im Internet Dutzende Memes findet.

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Inzwischen, so lässt Shaffer Biden resümieren, herrsche Chaos im Weißen Haus, die aktuelle Regierung betreibe "die systematische Zersetzung des Landes". Der Name, der dafür steht, fällt allerdings nie in "Hope Never Dies". Über Donald Trump hat Shaffer bereits 2016 einen Roman geschrieben. "The Day of the Donald" ist eine Satire auf den damals als völlig unrealistisch betrachteten Wahlsieg Trumps. Eine Schreckensvision, die von der Realität längst überholt wurde.

Die Hoffnung stirbt nie? Vielleicht. Aber angesichts von bald drei Jahren Trump-Irrsinn und der aktuellen Entwicklungen im Impeachment-Verfahren verlieren immer mehr Menschen den Glauben daran, dass es in näherer Zukunft besser wird. Da kann Shaffers Bromance-Krimi auch nur ein schwacher Trost sein, eine gut gemeinte Geste, die im tagespolitischen Gebrüll verpufft. Shaffer aber lässt sich nicht entmutigen, in den USA ist bereits eine Fortsetzung erschienen: "Hope Rides Again".

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