Interview mit Amanda Hocking "Die meisten verstehen nicht, was ich tue"

E-Book-Millionensellerin Hocking: "Ein instant success war das für mich nicht"
SPIEGEL ONLINE: Frau Hocking, angeblich sind Sie die erfolgreichste E-Book-Autorin der Welt, mit über 100.000 Verkäufen pro Monat. Ist das so?
Hocking: Ja und Nein. Ich habe meine Bücher ja erst im April 2010 verlegt, und anfangs bin ich diesen 100.000 in keiner Weise nahe gekommen. Im April und Mai waren es ein paar hundert Verkäufe. Von Juni bis Oktober waren es fünf- bis sechstausend im Monat und im November waren es dann fast 25.000. Der Dezember war der erste Monat, in dem ich die 100.000 knackte.
SPIEGEL ONLINE: Und seitdem?
Hocking: Sowohl im Januar als auch im Februar habe ich über 400.000 E-Books verkauft.
SPIEGEL ONLINE: Seit April haben Sie nun neun Bücher veröffentlicht. Wie ist so etwas möglich? Hatten Sie die in Ihrer Schublade?
Hocking: Mit Ausnahme von "Letters to Elise" waren alle schon vor 2010 entstanden. Ich habe sie im Verlauf der letzten drei Jahre geschrieben, bearbeitet und an Agenten geschickt.
SPIEGEL ONLINE: Ursprünglich hatten Sie also einen klassischen Buchvertrag im Sinn?
Hocking: Ich habe mein erstes Buch geschrieben, als ich 17 war. Damit begann auch der Versuch, einen Agenten zu finden. Acht Jahre lang habe ich meine Bücher an Verlage geschickt, aber es klappte einfach nicht. Ich musste etwas anderes versuchen, wenn ich als Autor arbeiten wollte.
SPIEGEL ONLINE: Der Schritt zum E-Book, der zu einem sofortigen Erfolg wurde...
Hocking: Ein instant success war das für mich nicht, aber es hat in meinem Fall auf jeden Fall viel schneller funktioniert als bei vielen anderen. Warum genau das so gelaufen ist, weiß ich selbst nicht. Ich glaube, dass es viel mit dem Genre zu tun hat, in dem ich schreibe und auch damit, wie viele Bücher ich in der kurzen Zeit veröffentlicht habe - und dass ich vernünftige Preise dafür verlange.
SPIEGEL ONLINE: Die Bücher kann man ja auch als Digitaldruck im Paperback-Format kaufen. Sind Sie an einem regulären Buchvertrag nicht mehr interessiert? Da muss es doch jetzt viele Angebote geben.
Hocking: Meine Einstellung zum herkömmlichen Verlagsgeschäft hat sich nicht verändert, seit ich mit dem digitalen Selbstverlag begonnen habe. Paperbacks stehen noch immer für 80 Prozent des gesamten Buchmarktes, und auch wenn ich weiß, dass sich das verändert, wird es doch noch eine ganze Weile so sein, bevor E-Books den Markt dominieren werden. Bücher in physischer Form in die Läden zu bekommen, ist für Autoren noch immer eine große Chance. Auch wenn ich sagen muss, dass es wohl schwer wäre, mit dem, was ich im Selbstverlag verdiene, zu konkurrieren. Aber wenn ich den richtigen Vertrag angeboten bekäme, würde ich mir das überlegen. Ich sollte dabei erwähnen, dass ich schon einige Deals mit ausländischen Verlagen abgeschlossen habe, das schließt Deutschland ein.
SPIEGEL ONLINE: Ihre Karriere kann man wohl getrost als einzigartig bezeichnen, auch die amerikanischen Medien zeigen jetzt immer mehr Interesse an Ihnen. Sind Sie schon eine Prominente?
Hocking: Ich lebe in einer Kleinstadt, und die meisten Menschen hier verstehen gar nicht, was ich da gerade tue. Bisher bin ich eigentlich nur im Internet prominent, also ist es einfach, mit der Aufmerksamkeit fertig zu werden: Ich mache einfach den Computer aus.
SPIEGEL ONLINE: Und wie geht es weiter? Gibt es 2011 wieder acht Romane?
Hocking: Ich würde dieses Jahr liebend gerne wieder acht Romane veröffentlichen, aber mit dem ganzen Rummel wird das kaum möglich sein. Ich hoffe auf drei oder vier Romane in diesem Jahr, aber wir werden sehen, wie es läuft.