Italien Oriana Fallaci gestorben
Rom - Ihre journalistische Karriere begann früh: Schon mit 16 Jahren verfasste Oriana Fallaci ihre ersten Artikel für verschiedene italienische Zeitungen, darunter "Il Mattino". Für "L'Epoca" berichtete sie aus Rom. Schon in dieser Zeit unternahm sie viele Reisen, 1958 schließlich ihre erste Weltreise, um über Frauen aus verschiedenen Ländern zu berichten. 1963 zog sie nach New York, schrieb unter anderem für die "New York Times", die Londoner "Times" und "Life".
Ihr provokanter, nicht immer unumstrittener Interviewstil wurde zu ihrem Markenzeichen. Unvergessen ihre Gespräche mit den großen Männern der Welt: darunter Gaddafi, Willy Brandt, Fidel Castro und Henry Kissinger. Als erste Frau gelang ihr 1979 ein Interview mit dem iranischen Revolutionsführer Ajatolla Khomeini, zu dem sie gesagt haben soll: "Ich nehme den Tschador ab, der für mich ein dummer Lumpen aus dem Mittelalter ist."
Oriana Fallaci war nicht nur als Journalistin berühmt. Sie schrieb zahlreiche Bücher, in denen sie ihre Recherchen und Erlebnisse verwertete. Zu einem weltweiten Bestseller wurde ihr Buch "Ein Mann" (1979), das von Gewalt, Diktatur und Folter handelte. 1975, auf der Höhe der Abtreibungsdebatte, veröffentlichte sie ihr Buch "Brief an ein nie geborenes Kind".
Als erste Frau bei Benedikt XVI.
In den neunziger Jahren zog sie sich nach einer ersten Krebsoperation vom Medien- und Literaturbetrieb zurück. Erst 2001 mischte sie sich mit einem provozierenden Artikel im "Corriere della Sera" wieder in die laufenden Debatten ein. In dem viel kritisierten Text warf sie der islamischen Welt vor, sich im Krieg gegen die Zivilisation zu befinden und rief Europa dazu auf, seine Werte konsequenter zu verteidigen. Aufsehen erregte auch ihr Besuch bei Papst Benedikt XVI. im vergangenen Jahr, der die bekennende Atheistin zu einer Privataudienz empfing.
Islam, Terrorismus und die ihrer Meinung nach zu nachsichtige Reaktion des Westens wurden zu den zentralen Themen ihrer letzten Lebensjahre. Bücher wie "Die Wut und der Stolz" (2001) und vor allem "Die Kraft der Vernunft" (2004) wurden als "Verbalattacken" kritisiert.
Im Mai 2005 wurde sie schließlich vom italienischen Islam-Aktivisten Adel Smith angeklagt, der zu Gewalt gegen Fallaci aufrief und sie "dem Gesetz Allahs vorgeführt" sehen wollte. Er warf ihr vor, die islamische Religion in "Die Kraft der Vernunft" beleidigt zu haben. Erst vor drei Monaten wurde der Prozess gegen sie in Bergamo eröffnet. Im Falle einer Verurteilung hätten der Schwerkranken mehrere Monate Haft gedroht.
Oriana Fallaci starb in der vergangenen Nacht im Alter von 77 Jahren den Folgen ihrer Krebserkrankung in einem Krankenhaus in ihrer Geburtsstadt Florenz.
nkl/hen/dpa