

Hamburg/München - Einer der großen deutschen Kinderbuchautoren ist tot: Wie der Stuttgarter Thienemann Verlag am Mittwoch mitteilte, ist Otfried Preußler bereits am 18. Februar im Alter von 89 Jahren in Prien am Chiemsee gestorben. Zahlreiche seiner Werke - etwa "Krabat", "Der Räuber Hotzenplotz" oder "Die kleine Hexe" - zählen zu den beliebtesten und bekanntesten Kinderbüchern. Preußlers insgesamt 32 Bücher wurden in 55 Sprachen übersetzt, vielfach preisgekrönt und weltweit mehr als 50 Millionen Mal verkauft.
Preußler wurde 1923 im böhmischen Reichenberg geboren. Schon mit zwölf Jahren schrieb er seine ersten Geschichten. Er wollte später als Schriftsteller in Prag leben. Doch nach dem Abitur 1942 wurde er zur Wehrmacht einberufen und kam nach fünf Jahren russischer Gefangenschaft 1949 ins oberbayerische Rosenheim.
Um sich eine Existenz aufzubauen, fing er noch während des Lehramtsstudiums mit dem Schreiben an - zunächst als radelnder Lokalreporter, dann als Autor für den Kinderfunk. Sein erster großer Erfolg gelang Preußler 1956 mit dem "Kleinen Wassermann". 1962 erfand Preußler die legendäre Figur des Räuber Hotzenplotz, der die Württembergische Landesbibliothek Stuttgart zum Jubiläum eine große Ausstellung widmete.
Bis 1970 arbeitete Preußler als Volksschullehrer und Rektor in Rosenheim, danach widmete er sich ausschließlich der Schriftstellerei. "Ich erzählte die in der Kindheit angesponnenen Geschichten zu Ende", so definierte der Kinderbuchautor seine literarischen Anfänge. Viele seiner Geschichten stammen aus der eigenen Kindheit, häufig benutzte er Stoffe aus slawischen und deutschen Sagen. Die Quelle von "Das kleine Gespenst" (erschienen 1966) ist zum Beispiel eine Erzählung seiner Großmutter.
Natürlicher Optimismus
Über seine jungen Leser sagte Preußler einmal: "Sie wollen keine Lehrstücke, sondern Geschichten, die der Phantasie Nahrung geben und ihnen auf dem Weg der Poesie helfen, mit mancherlei Ängsten besser fertigzuwerden." Dem "natürlichen Optimismus", mit dem Kinder nach Preußlers Meinung zur Welt kommen, wollte er mit seinen Büchern "Vorschub leisten". Er finde es unverantwortlich, "Kinder in den für sie bestimmten Geschichten und Büchern mit Problemen zu konfrontieren, um deren Lösung gefälligst wir, die Erwachsenen, uns zu bemühen haben".
Kritikern, die Preußler in den Jahren nach 1968 vorhielten, man könne Kindern im ausgehenden 20. Jahrhundert keine Geschichten mehr von Hexen, Wassergeistern, Zauberern, Feen und kleinen Gespenstern erzählen, begegnete er mit Entschiedenheit. "Darauf kann ich nur antworten, dass ich es nicht nur für richtig, sondern für wichtig halte - für lebenswichtig, um es genau zu sagen. Oder gehört zum vollen Menschsein nicht auch die Fähigkeit zu phantasieren, zu träumen?"
Preußler habe schon seit vielen Jahren zurückgezogen am bayerischen Chiemsee gelebt, teilte der Verlag mit, ohne nähere Angaben zu den Todesumständen des Schriftstellers zu machen. Bis zuletzt habe er große Freude an der Arbeit mit Texten gehabt. Seine letzte Veröffentlichung "Sommerfest im Mühlenweiher", eine Bilderbuchbearbeitung von "Der kleine Wassermann", sei erst vor wenigen Tagen erschienen.
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Kinderbuchschöpfer Otfried Preußler im September 1993 in Haidholzen, Bayern.
Nicht ohne meine Pfefferpistole: Schauspieler Gert Fröbe 1973 als "Räuber Hotzenplotz".
Und noch ein Bösewicht: Armin Rohde spielte den legendären "Räuber Hotzenplotz" in der Verfilmung des Kinderbuchs aus dem Jahr 2006.
Kindgerechtes Abenteuer: 2008 verfilmte Regisseur Marco Kreuzpaintner den berühmten Fantasy-Roman "Krabat" von Otfried Preußner mit David Kross in der Hauptrolle.
Otfried Preußler kurz vor seinem 85. Geburtstag - im selben Jahr lief eine neue "Krabat"-Verfilmung an.
Ein Leben für das Glück der Kinder: Der Schriftsteller Preußler wurde mit dem 2010 mit dem Bayerischen Maximiliansorden für Kunst ausgezeichnet.
"Der Räuber Hotzenplotz" (1962): Der legendäre Räuber ist Kasperls größter Feind.
"Bei uns in Schilda" (1958): Der Stadtschreiber Jeremias Punktum hält das Geschehen in der Stadt Schilda in einer Chronik fest.
"Der kleine Wassermann" (1956): Der kleine Wassermann geht auf Entdeckungsreise und erlebt viele Abenteuer.
"Das kleine Gespenst" (1966): Das kleine Gespenst lebt auf Burg Eulenstein.
"Herr Klingsor konnte ein bisschen zaubern" (1987): Der neue Lehrer Herr Klingsor kann zaubern, aber das verrät er seinen Schülern nicht. Bald jedoch sind die Folgen seiner Zaubertricks nicht mehr zu übersehen.
"Brot für Myra" (1993): Die Geschichte vom heiligen Nikolaus.
"Neues vom Räuber Hotzenplotz" (1969): Der Räuber Hotzenplotz befreit sich aus dem Spritzenhaus und begibt sich auf die Flucht.
"Pumphutt und die Bettelkinder" (1981): Der Müllerbursche Pumphutt kann zaubern.
"Das Märchen vom Einhorn" (1975): Drei Brüder gehen auf die Einhornjagd - bis es den älteren beiden Brüdern zu blöd wird. Nur der Jüngste verfolgt weiterhin seinen Traum vom Einhorn.
"Die dumme Augustine" (1972): Die dumme Augustine träumt davon als Clown zu arbeiten. Als ihr Mann, der dumme August, Zahnschmerzen hat, springt sie für ihn ein.
"Krabat" (1971): Krabat, der Lehrling eines Zaubermeisters, muss gegen die dunklen Mächte kämpfen.
"Die kleine Hexe" (1957): Die kleine Hexe möchte mit den großen Hexen auf dem Blocksberg herumfliegen. In der Walpurgisnacht schleicht sie sich dazu und wird ertappt...
Eine chinesische und eine japanische Ausgabe des Kinderbuchs "Der Räuber Hotzenplotz".
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