Eine weltweit erfolgreiche Kinderbuchautorin aus Deutschland treibt es nach Ansicht ihres US-Verlags zu bunt: Weil auf zwei Illustrationen nackte Haut zu sehen ist, müsse nachgebessert werden. Besser nicht, entschied die Autorin.
Deutsche Bücher sind in den USA kaum von Interesse - Kinderbücher erst recht nicht. Groß war daher die Freude beim Hildesheimer Gerstenberg Verlag, als eine Anfrage kam, die Wimmelbücher von Rotraut Susanne Berner bei Boyds Mills Press zu publizieren.
Nackte Kunst im Kinderbuch: US-Verlag fürchtet erboste Eltern
Foto: Rotraut Susanne Berner
"Das war eigentlich eine Sensation", sagte Berner zu SPIEGEL ONLINE. Bedingung für die freundliche Übernahme war allerdings, einige Retuschen vorzunehmen, wie der US-Kinderbuchverlag in leichter Verlegenheit erklärte: Raucher müssten verschwinden. Und der Frauenakt sowie eine 7 Millimeter große Männerskulptur sollten ersetzt werden: So viel Nacktheit sei amerikanischen Kindern nicht zuzumuten, auch nicht in der Kunst.
Die Schriftstellerin empfindet diese Forderung als "Lachnummer". Das "Pimmelchen", wie die Autorin sagt, war etwa einen halben Millimeter groß. Der Frauenakt war Teil einer Ausstellung in dem Buch und keinesfalls naturalistisch, sondern "so ein Schinken", also ein Kunstwerk und keine Person. Den Verlagsleuten sei die ganze Sache "furchtbar peinlich", so Berner, doch die Angst vor aufgebrachten Eltern sei größer. Für die Autorin kommt Selbstzensur allerdings nicht in Frage. Sie hat das Projekt abgesagt.
Mit schwarzen Balken hätte sie vielleicht leben können, eine "unsichtbare Zensur" komme jedoch nicht in Frage. "Wenn schon Zensur, dann sollte man sie schon erkennen." Doch darauf habe sich der Verlag nicht einlassen können, schließlich wolle sich niemand selbst denunzieren. Kein Korkenknall also in Hildesheim und die Kinder in den USA bleiben von schweren Schäden verschont.
Die Bildbände, in denen der Alltag von Kindern und Erwachsenen durch die Jahreszeiten als fortlaufende Geschichte erzählt wird, sind in 13 Ländern Bestseller geworden von Japan bis zu den Faröer-Inseln. Kein anderes Land habe bislang die Darstellung nackter Körperteile moniert, sagte Berner im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.
Berner ist über den deutschen Sprachraum hinaus bekannt und gilt als eine der profiliertesten zeitgenössischen Buchgestalterinnen. Die studierte Grafik-Designerin lebt als freischaffende Künstlerin in München und hat eine
Vielzahl von Kinder- und Jugendbüchern bebildert.
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