
Literaturfestival Ham.lit: Von Neukölln bis Gibraltar
Literaturfestival Ham.lit Buchverkostung mit Band
Wer wissen will, was der Bücherfrühling bringt, kann sich durch die Programmkataloge der Verlage wühlen, Dutzende an der Zahl, zusammen geschätzte zwei Meter hoch. Er kann "Spiegel", "Zeit", "Süddeutsche", "FAZ" und "Welt" abonnieren und sich durch fünf Feuilletons wühlen, wochenlang. Er kann sich von den Kulturwellen der Radiosender bedudeln lassen, beim Frühstück und beim Duschen, im Auto auf dem Weg zur Arbeit und im Büro vorm Rechner. Oder er kann zu Ham.lit gehen.
Hinter dem etwas bemühten Wortspiel verbirgt sich eine "Lange Nacht junger Literatur und Musik" im Hamburger Club "Uebel & Gefährlich". Sie bietet einen Einstieg in das aktuelle Schaffen deutschsprachiger Schriftsteller wie er kompakter schwer vorstellbar ist: 15 Autoren lesen am Donnerstag, 7. Februar, parallel auf drei Bühnen, jeweils eine halbe Stunde lang. Man muss sich das vorstellen wie eine Buch-Verkostung, mit einem Glas Wein zwischendurch zum Neutralisieren. Wenn einem ein Werk besonders gut schmeckt, ordert man es.
Einer der vorgestellten Romane heißt "Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen". Was ein hübscher Titel ist, auf eine spröde Art wohlklingend wie der Titel eines Diskurspop-Songs. Was aber auch in die Irre führt. Denn der Abend im "Uebel & Gefährlich" sollte einen, als Hamburger Literaturfan, interessieren, und das können wir beweisen.
Druckfrisches und Ungedrucktes
Die Festivalmacher Lucy Fricke und Jan Lafazanoglu haben für die vierte Auflage ihres Festivals einige der besten deutschen Bücher des vergangenen Jahres ausgewählt, darunter Tilman Rammstedts "Die Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters", einen ebenso komischen wie melancholischen Roman über das Romanschreiben. Sie haben Druckfrisches im Programm, etwa Sascha Rehs Finanzkrisen-Roman "Gibraltar", der an diesem Montag erscheint. Vor allem aber haben sie einige der vielversprechendsten Bücher der kommenden Wochen ausgewählt. Bücher, die noch gar nicht erschienen sind. Bücher, die noch fast nirgendwo rezensiert wurden. Echte Premieren.
Erst vier Tage nach dem Festival, am 11. Februar, kommt Tina Uebels Reiseroman "Nordwestpassage" in die Läden; er basiert auf einer Segeltour der Autorin von Grönland durch die nordamerikanische Arktis bis zu den Aleuten und von dort nach Hawaii. Am 12. Februar erscheint Inger-Maria Mahlkes "Rechnung offen", ein soziologisch durchdachter Roman über Kontrollverlust im Neuköllner Prekariat. Ab 6. März ist Monika Zeiners Debütroman "Die Ordnung der Sterne über Como" erhältlich, der in diesem Jahr für den Silberschwein-Preis der lit.Cologne nominiert ist.
Noch später, ab 14. März, kann man dann auch den Roman kaufen mit dem Titel "Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen". Geschrieben hat ihn Frank Spilker, der Frontmann der Hamburger Band Die Sterne. Vor 15 Jahren sang er einen Song ein, dessen Titel an den Titel seines Debütromans erinnert: "Die Interessanten". Darin heißt es: "Ich bleibe an der Haustür stehen / um noch mal nach dem Haus zu sehen / die Tür ist auf die Wohnung leer / Ich glaub mein Leben gibt nichts her / Wir sitzen auf der Treppe / um uns Geschichten zu erzählen / Wenn ich noch'ne gute Lüge hätte / würde ich mich nicht länger quälen / denn von allen Gedanken / schätze ich doch am meisten / die Interessanten".
Wem es genauso geht, der dürfte bei Ham.lit auf seine Kosten kommen. Wer eher auf Musik als auf Literatur steht, übrigens auch: Zum Abschluss, ab 23 Uhr, spielt die Electropop-Band Jeans Team.
Ham.lit - Lange Nacht junger Literatur und Musik: Donnerstag, 7. Februar, Einlass ab 19 Uhr, Uebel & Gefährlich und Terrace Hill, Feldstraße 66 (Medienbunker), Eintritt 16/12 Euro, www.hamlit.de .