Lyriker als IM Herta Müller erschrocken über Pastiors Securitate-Tätigkeit

Schriftstellerin Herta Müller:"Eine Ohrfeige"
Foto: ddpHamburg/Frankfurt/Berlin - Eine Nachricht, fast so spektakulär, wie Günter Grass' Eingeständnis, er sei in der Waffen-SS gewesen: Die literaturwissenschaftliche Zeitschrift "Spiegelungen" meldete am Donnerstag, (1927 -2006), bedeutender Lyriker und Träger des Büchner-Preises, sei als "IM Stein Otto" von 1961 bis 1969 Mitarbeiter des rumänischen Geheimdienstes Securitate gewesen.
In beiden Fällen gehen Weltgeschichte und Weltliteratur eine eigentümliche Verbindung ein: Grass bekam den Literaturnobelpreispreis 1999 für sein eigenes Werk, Pastiors Schicksal, er war Gefangener in einem kommunistischen Arbeitslager, findet sich zum Teil in 2009 veröffentlichten Roman "Atemschaukel" - die Autorin wurde dafür im gleichen Jahr mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
In seiner Laudatio würdigte der Literaturwissenschaftler Anders Olsson, Mitglied der Nobelpreis-Jury, Müller ausdrücklich dafür, dass sie Mut gehabt habe, gegen "die provinzielle Unterdrückung und den politischen Terror" kompromisslos Widerstand zu leisten. Den Nobelpreis verdiene sie auch für den "künstlerischen Gehalt dieses Widerstands".
Wie Pastior gehörte Müller der deutschen Minderheit in Rumänien an, wie Pastior emigrierte sie in die Bundesrepublik - beide waren befreundet und arbeiteten kurz vor Pastiors Tod noch an einem gemeinsamen Werk. Nun hat sich die Literaturnobelpreisträgerin über die Geheimdienstverstrickungen ihres enges Freundes geäußert: Als sie vor einigen Wochen davon erfahren habe, habe sie "Erschrecken, auch Wut" verspürt, sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Es war eine Ohrfeige." Ihre nächste Reaktion sei aber "Anteilnahme" und "Trauer" gewesen.
Der Münchner Germanist Stefan Sienerth hatte die Verpflichtungserklärung Pastiors im Archiv der rumänischen Behörde zur Verwaltung der Securitate-Akten CNSAS entdeckt .