
"Mad"-Zeichnerlegende: Schlurch, Shtoink, Fla-Datsch
"Mad"-Zeichner Don Martin Schlurch! Shtoink! Fla-Datsch!
Auch wenn es für spätgeborene Comicfans merkwürdig klingen mag: In den siebziger Jahren markierte "Mad - das vernünftigste Magazin der Welt" mit seinem grenzdebil-zahnlückig grinsenden Alfred E. Neumann eine wichtige Etappe des Erwachsenwerdens für zahlreiche pubertierende Jungs zwischen 12 und 14 Jahren. "Mad" war der Comic der großen Brüder (sehr, sehr selten der Schwestern), und er unterschied sich grundlegend von Donald Duck, Tim und Struppi, Asterix und Co.
"Mad" war albern, aber auch absurd, ätzend, boshaft und anarchisch. Schreikomisch, sicher, aber trotz des Slapsticks war der Humor oft so schwarz, dass wir uns erst daran gewöhnen mussten. Das war entschieden kein Kinder-Comic mehr. Hier bekamen alle ihr Fett weg, Lehrer, Pfaffen und andere Autoritäten wurden in "Mad" als Schwindler und Scharlatane entlarvt, Spielsachen, Konsumgüter und Kinofilme - alles billiger Schrott. Und Eltern logen nach Strich und Faden. Nonsense und Gesellschaftskritik, merkwürdigerweise war das bei "Mad" kein Widerspruch. Und was für einen Spaß das machte!
Im Panini Verlag erscheint seit einigen Jahren wieder ein "Mad Magazin" für die Pubertierenden dieses Jahrtausends. Für die Pubertierenden von damals gibt es die Reihe "Mads große Meister". Ein neuer Band ehrt jetzt den großen Zeichner Don Martin, der im Januar 2000 an Krebs verstarb.
Dass dieser abgedrehte Humor die britischen Komiker von "Monty Python", die wir nur wenige Jahre nach unserer "Mad"-Phase lieben lernen würden, maßgeblich prägte, ahnten wir nicht. Wir lernten auch erst später, dass der grandiose Herbert Feuerstein, der über Jahrzehnte als Chefredakteur der deutschen Ausgabe das Heft bis zu Auflagenhöhen von knapp 300.000 pro Ausgabe führen würde, entscheidenden Anteil an der Qualität des deutschen "Mad" hatte, indem er in seiner Küche mit Schere und Kleber das beste aus den amerikanischen Ausgaben zusammenfügte, mit deutschen Zeichnern kombinierte, die Leserbriefseite selbst textete und für die grandiose Übersetzung sorgte. Feuerstein war nur ein Name im Impressum. Der Name, um den es uns ging, war Don Martin.
Anarchische Späße
In den USA galt er als "Mad's Maddest Artist", und sein Weggang nach einem Streit mit dem Verleger 1987 läutete den Niedergang des Magazins ein. Wir ahnten damals nur, dass seine Strips etwas besonderes waren. Die schlaksigen Figuren mit den langgezogenen Gesichtern, den Knollennasen, dem wippenden Gang und, Martins Markenzeichen, den seltsam rechtwinklig nach unten abgeknickten Füßen. Typen, die bei allem Eifer und Ehrgeiz verlässlich unter die Räder kamen; Alltagsepisoden, die harmlos begannen und meist in übelstem Schlamassel und Zerstörung endeten.
In der Tradition von Buster Keaton, Stan Laurel und Oliver Hardy fielen sie in offene Gullyschächte, wurden von Dampfwalzen überrollt oder scheiterten einfach an ihrer eigenen Unfähigkeit, ihrem Egoismus oder ihrer Selbstüberschätzung. Lange bevor wir Franz Kafka lasen, begegneten wir in einem von Don Martins Strips einer riesigen zigarrerauchenden Kakerlake, die zur großen Verwunderung des Urlaubers ein Hotel führte.
Don Martins Späße scherten sich nicht um Moral, Wertvorstellungen oder Konventionen. Und dann diese Geräusche! Das "Fagroon", "Schlurch", "Shtoink" oder "Fla-Datsch". Don Martin war ein Meister der Lautmalerei, für jede Situation lieferte er den passenden Soundtrack, jede Katastrophe klang anders.
Der opulente Hardcover-Band "Mads große Meister" enthält die Werke von 1956 bis 1967 und ist nicht nur für die Pubertierenden von damals ein großer Genuss. Wenn man das Vorwort hinter sich gebracht hat. Es stammt von Hella von Sinnen und ist ziemlich dämlich. Herbert Feuerstein hatte leider abgesagt. Aber immerhin hat er ein gemeinsames Foto mit Don Martin zur Verfügung gestellt.