Nachwuchsautoren Anleitung zum Einerlei
Alexa Hennig von Lange, vor zwei Jahren bekannt geworden durch ihren Debüt-Roman "Relax", schildert zusammen mit ihren beiden Mitstreitern Till Müller-Klug und Daniel Haaksman dreißig Tage aus dem Leben ihrer drei Helden Marc, Kai und David, die, alle drei Anfang Zwanzig, mitten in der schnellen Spaßgesellschaft der neuen Metropole Berlin auf der Suche nach ihrer Identität sind. Ein Tagebuchroman ist dabei herausgekommen, der drei nur in Feinheiten sich unterscheidende Leben nebeneinander stellt.
Zu jung zu sein für das Leben der Eltern, zu alt hingegen, um sich der elterlich-erwachsenen Perspektive noch dauerhaft entziehen zu können - dieser, in der Literatur bereits inflationär behandelte Konflikt, ist die engste Verbindung zwischen den drei gezeigten Lebensausschnitten in "Mai 3D". Darüber hinaus gibt es in dem knapp 200-seitigen Büchlein jede Menge Stereotypen: Pillen, die umwerfen, Liebe, die anstrengt und Platten, die zum Tanzen bringen. Glücklich macht das nicht immer, zum Gähnen provoziert es oft; und so kennzeichnet sogar ein wenig Melancholie die Gesichter auf der Spaß-Seite des heutigen Berlins.
Der Leser von "Mai 3D", sollte er genauso jung sein, wie die Helden und deren Erfinder, dann freut er sich sicherlich über den Wiedererkennungswert. "Prima, das kenn ich doch aus eigener Erfahrung." Von da aus ist es nicht weit zu: "Prima, so ein Buch schreiben, das kann ich bestimmt auch." Die Schlussfolgerung ist, dass die Figuren eigentlich wie die Autoren und die wiederum wie die Leser sind. So wird jeder zum Ghostwriter von jedem und keiner weiß am Ende noch, in wessen Story er gerade auftritt.
Wie auch immer. Nach der Lektüre von "Mai 3D" ist klar, dass konturlose Gestalten wie Marc, Kai und David nicht gerade Ungewöhnliches zu erzählen wissen. Die versammelten Alltagsschwierigkeiten, Geldsorgen oder eine flüchtige Bekannte - die dann aber doch gar nicht flüchtig, sondern deutlich schwanger wird. Nicht einmal das im Ansatz gezeigte Unwohlsein der Personen in den einzelnen Situationen, können "Mai 3D" retten. Es bleibt ganz einfach langweilig. Sogar die sonst so sehr geschätzte Coolness, mit der sich die Protagonisten durchs Leben lavieren, wirkt auf den mit Momentaufnahmen aus dem täglichen Irrsinn deutscher Jungbürger inflationär versorgten Leser mittlerweile abgegriffen. Was soll's, wenn der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht - man gibt ihm eben noch ganz lässig ein Trinkgeld. Die Grenze zur Groteske wird - Überzeichnung hin oder her - vielfach überschritten. Die Folge: Das Buch läuft an einem vorbei wie die leidlich unterhaltsame nachmittägliche Talkshow.
Was irgendwann bei den nun gar nicht mehr Jungen wie Rainald Goetz begann, hat sich in Büchern wie "Mai 3D" längst in einem durchzappbaren Einerlei verlaufen. Ein paar Dinge, die schief gehen und ein paar Dinge, die glücken, reichen zu beidem nicht aus: Weder zur Unterhaltung, noch zur Literatur. Was auch immer Marc, Kai oder David im Einzelnen zustößt - man vergisst es, wie all die außergewöhnlichen Schicksale und Szenarien des Grotesken, die sich beim nachmittäglichen Durchschalten der Fernsehprogramme gegenseitig zu überbieten versuchen.
Alexa Hennig von Lange, Till Müller-Klug, Daniel Haaksman: "Mai 3D - Ein Tagebuchroman". Beltz Quadriga, Weinheim; 199 Seiten; 28 Mark.