NDR-"Bücherjournal" Literaturinstitutionen protestieren gegen Einstellung

Im Zuge weitreichender Sparmaßnahmen will der NDR sein "Bücherjournal" streichen. Dagegen gibt es nun Protest - vom PEN-Zentrum, aber auch von den größten Verlegern des Landes.
"Bücherjournal"-Moderatorin Julia Westlake

"Bücherjournal"-Moderatorin Julia Westlake

Foto: Dirk Uhlenbrock/ NDR

Am vergangenen Freitag gab der NDR massive Sparpläne bekannt: 300 Millionen Euro will der Sender in den kommenden vier Jahren einsparen, sowohl durch Kürzungen beim Personal als auch bei Produktion, Verwaltung und Programm. Gegen eine der verkündeten Maßnahmen regt sich nun besonders lauter Protest: Eingestellt werden soll auch das NDR-"Bücherjournal", immerhin eine der ältesten Literatursendungen im deutschen Fernsehen.

"Unsere Gesellschaft braucht das öffentliche Gespräch über Bücher. In den Programmen von ARD und ZDF aber haben Bücher in den vergangenen Jahren massiv an Sichtbarkeit eingebüßt. Seinem Auftrag einer kulturellen Grundversorgung kommt der öffentlich-rechtliche Rundfunk damit nicht mehr ausreichend nach. Dies ist gesellschaftlich besorgniserregend", sagte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Karin Schmidt-Friderichs.

1965 unter dem Titel "Die Neue Bibliothek" gestartet, wird das "Bücherjournal" mittlerweile sechsmal im Jahr montags zwischen 23.45 und 0.30 im Fernsehen des NDR ausgestrahlt.

Namhafte Verlegerinnen und Verleger wie Florian Illies von Rowohlt oder Felicitas von Lovenberg von Piper schlossen sich dem Protest gegen die Streichung an. "Leser*in wird und bleibt nur, wer die passenden Bücher für sich findet", so von Lovenberg. "Bei dieser Entdeckungsreise durch die literarische Welt ist das 'Bücherjournal' des NDR ein zuverlässiger Kompass, mit einer klugen, überraschenden, einleuchtenden Auswahl und guten Beiträgen."

Ausbauen statt einstellen

Illies ergänzte: "Wenn das öffentlich-rechtliche Fernsehen seinen Auftrag zur Grundversorgung weiter ernst nehmen will, dann sollte es wissen, dass Bücher und die Vermittlung von Büchern ein zentraler Bestandteil der mentalen Grundversorgung sind und dass es naiv ist zu glauben, man könne ausgerechnet bei der Kultur unbemerkt und schadenfrei mit dem Sparen beginnen." 

Besonders scharf fiel die Kritik von Thomas Rathnow, CEO der Verlagsgruppe Random House, aus. "Der Auftrag des NDR lautet nach Auskunft des Senders, dass 'das Programm informieren, bilden, beraten, unterhalten und insbesondere Beiträge zur Kultur anbieten' soll. Das aktuelle Programmschema des NDR weist gewiss kein Übermaß an kulturellen Sendungen auf", so Rathnow. "Da Kultursendungen vermutlich nicht zu den besonders teuren Produktionen zählen, ist schwer nachzuvollziehen, dass ausgerechnet das 'Bücherjournal' mit seiner 30-jährigen Geschichte den aktuellen Sparbemühungen zum Opfer fallen soll."

Noch einen Schritt weiter in seinen Forderungen ging PEN-Generalsekretär Heinrich Peuckmann. "Statt bewährte Sendungen einzustellen, sollte die Literaturberichterstattung ausgebaut werden. Der Rückgang der Lesekultur wird inzwischen vielfach beklagt. Diesen Trend nicht nur zu stoppen, sondern Leselust zu wecken, ist eine wichtige Aufgabe für die öffentlich-rechtlichen Sender."

hpi
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren