

Sie war seit Jahren als Kandidatin gehandelt worden, in diesem Jahr lag sie in den Ranglisten der Wettbüros ganz vorne - nun bekam Swetlana Alexijewitsch, 67, tatsächlich den Nobelpreis für Literatur zugesprochen. Dies verkündete die Schwedische Akademie am Mittag in Stockholm.
Die Jury würdigte "ihr vielstimmiges Werk, das dem Leiden und dem Mut in unserer Zeit ein Denkmal setzt". Fast ihr ganzes Werk stützt sich auf Gespräche mit Zeugen. Das literarische Verfahren von Alexijewitschs Büchern bestehe darin, "durch eine Collage von menschlichen Stimmen unsere Kenntnis einer historischen Epoche zu vertiefen", so die Akademie.
Swetlana Alexijewitsch wurde am 31. Mai 1948 in Iwano-Frankiwsk in der Ukraine geboren als Tochter eines weißrussischen Vaters und einer ukrainischen Mutter. Sie studierte in Minsk Journalistik und arbeitete auch in diesem Beruf, zunächst aber wegen ihrer oppositionellen Ansichten bei einer Provinzzeitung in Brest.
Ihr erstes Buch erschien 1985: Für "Der Krieg hat kein weibliches Gesicht" hatte sie Interviews mit Hunderten von Frauen gesammelt, die am Zweiten Weltkrieg teilgenommen hatten. Mit dieser Oral-History-Methode näherte sich Alexijewitsch in den folgenden Jahren auch der Kraftwerk-Katastrophe von Tschernobyl ("Tschernobyl - Eine Chronik der Zukunft") und der sowjetischen Besatzung Afghanistans an ("Zinkjungen - Afghanistan und die Folgen").
Auch nach dem Ende der Sowjetunion arbeitete Alexijewitsch weiter an ihrem journalistisch-literarischen Lebensprojekt: "Der Sowjetmensch hat in Weißrussland überlebt", sagte sie 2013 dem SPIEGEL. Es ist das Thema ihres jüngsten Buches "Secondhand-Zeit: Leben auf den Trümmern des Sozialismus". In jenem Jahr wurde ihr in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.
Mit Swetlana Alexijewitsch wurde zum 14. Mal seit 1901 eine Frau mit der weltweit höchsten Literaturauszeichnung für ihr Werk belohnt. Es war im Umfeld der Stockholmer Jury mit einer weiblichen Preisträgerin gerechnet worden, da diese 2015 erstmals von einer Frau, der Literaturwissenschaftlerin Sara Danius, als ständiger Sekretärin geleitet wurde. Zudem ist Alexijewitsch die erste hauptberufliche Journalistin unter den Geehrten.
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"Leiden und Mut in unserer Zeit": Swetlana Alexijewitsch, hier im November 2014 in Minsk, erhält den Literaturnobelpreis.
"Eine Collage von menschlichen Stimmen": Alexijewitsch in Minsk
Ausgezeichnet: 2013 bekam Alexijewitsch von Verleger Gottfried Honnefelder in der Paulskirche in Frankfurt/Main den Friedenspreis des deutschen Buchhandels überreicht...
...und lächelt anschließend für das Gruppenbild mit dem Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (l.)
Sara Danius, die ständige Sekretärin der schwedischen Jury für den Literaturnobelpreis, kurz vor der Verkündung am 8. Oktober in Stockholm.
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