"Proust der Bundesrepublik" Peter Kurzeck ist tot

"Virtuose des Erinnerns": Der Autor Peter Kurzeck starb 70-jährig
Foto: Arne Dedert/ dpaHamburg/Frankfurt am Main - Es hätte noch viel kommen sollen: Das Hauptwerk Peter Kurzecks, der autobiografische Romanzyklus "Das alte Jahrhundert", war auf zwölf Bände angelegt. Zuletzt erschien 2011 der fünfte Band, "Vorabend". Doch nun ist der Schriftsteller Peter Kurzeck tot. Er starb am Montag im Alter von 70 Jahren an den Folgen mehrerer Schlaganfälle, wie sein Verleger Karl Dietrich Wolff in der Nacht zum Dienstag in Frankfurt mitteilte.
Der im böhmischen Tachau geborene Kurzeck war mehrfach ausgezeichnet worden. So erhielt er unter anderem den Alfred-Döblin-Preis (1991) und den Grimmelshausen-Literaturpreis (2011), er war auch Stadtschreiber von Bergen-Enkheim (2000), einem Stadtteil Frankfurts.
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war Kurzeck mit seiner Familie nach Staufenberg bei Gießen gekommen und verbrachte dort Kindheit und Jugend. 1977 zog er nach Frankfurt am Main, zwei Jahre später erschien sein erster Roman "Der Nußbaum gegenüber vom Laden, in dem du dein Brot kaufst". An seinem Roman "Keiner stirbt" lobte der SPIEGEL 1990 die "atemberaubend präzise Sprache". "Mein Bahnhofsviertel" war zunächst als Fortsetzungsroman für das Stadtmagazin "Pflasterstrand" entstanden und erschien 1991 in Buchform, wie fast immer im Stroemfeld-Verlag.
Dessen Verleger KD Wolff ließ sich in der Folge auf das Wagnis des Romanzyklus "Das alte Jahrhundert" ein. Der erste Band, "Übers Eis", erschien 1997, der letzte zu Peter Kurzecks Lebzeiten erschienene, "Vorabend", war der fünfte Band - doch der Berichtszeitraum umfasst bisher nur die Monate zwischen Oktober 1983 und März 1984. Wegen dieser weitschweifigen autobiografischen Erzählweise nannte ihn Elke Schmitter im SPIEGEL 2011 den "Proust der Bundesrepublik" und befand, er habe den Büchner-Preis verdient. Diese, die wichtigste Literatur-Auszeichnung des Landes, erhielt Kurzeck nicht.
2008 aber wurde Kurzeck mit dem Preis "Hörbuch des Jahres" ausgezeichnet für ein ganz besonderes Projekt: In "Ein Sommer, der bleibt" erzählt Kurzeck fünf Stunden lang ohne Manuskript von seiner Kindheit in Staufenberg, man ist als Hörer Zeuge der Entstehung von Literatur, die es in gedruckter Form nicht gibt.
Peter Kurzecks Schriftstellerkollege und hessischer Landsmann Andreas Maier schrieb einmal, eine Welt ohne Kurzeck sei "nachdem man ihn kennt, nicht mehr denkbar. Die Welt bekommt seinen Ton." Nun ist er verstummt.