Tageskarte Buch Scheitern als Chance
Ein wenig hat sich der Open Mike in Berlin die Atmosphäre eines innovativen Literaturwettbewerbs bewahren können. Seit 15 Jahren gibt es die Veranstaltung mittlerweile, und nachdem im vergangenen Jahr der Sponsor Crespo Foundation hinzukam, ist nun auch der Open Mike ausgeschmückt mit einem Kennenlern-Empfang am Abend zuvor, einem Kolloquium zur Fragestellung "Langeweile als literarische Figur" (kann man das ganz ohne Ironie verstehen?) einem Rahmenprogramm, das solche Veranstaltungen immer auch ein wenig austauschbar macht.
Das Herzstück des Open Mike aber sind seit jeher die Autorenlesungen. 21 junge Schriftsteller sind es in diesem Jahr, Prosa-Autoren und Lyriker, von denen jeder einen bis zu 15 Minuten langen eigenen Text vorträgt. Keiner von ihnen hat bisher ein eigenes Buch veröffentlicht, keiner ist älter als 35 Jahre. Die meisten sind nervös und hoffnungsfroh, denn im Publikum finden sich immer auch die Lektoren großer Verlage.
Und die Stimmung ist meistens berlinerisch-gnadenlos. Man kann durchfallen bei diesem Publikum, und wie. Dann herrscht pikierte Stille unter den Zuhörern, die vielleicht schon manche Autorenkarriere schluckte. Gleichzeitig ist dieser Wettbewerb eine der schnellsten Abkürzungen in den Literaturbetrieb, Autoren wie Terezia Mora, Zsuzsa Bank oder Julia Franck sind hier mit ihren ersten Texten in die Öffentlichkeit getreten.
Am Ende des Lesemarathons wird die Jury (zu der Georg Klein, Antje Ravic Strubel und Raphael Urweider gehören) drei Gewinner küren, zwei Prosa-Autoren, einen Lyriker. Zusätzlich wird in diesem Jahr von der "taz" noch ein Publikumspreis vergeben. Die Gewinner bekommen kleinere Preisgelder und dürfen auch das ist neu seit einigen Jahren und eine schöne Ergänzung an verschiedenen Lesungen teilnehmen, etwa im Literaturhaus Frankfurt.
Wer zuhören will: Die Lesungen in der Berliner Literaturwerkstatt beginnen am Samstag, den 3. November um 14 Uhr, Sonntag, den 4. November um 12 Uhr, http://www.literaturwerkstatt.org