Umstrittener Mohammed-Roman "Die Fanatiker haben gewonnen"
Kopenhagen/New York - Die Proteste gegen die Nichtveröffentlichung eines neuen US-Romans über den Propheten Mohammed werden lauter. Nachdem der britische Schriftsteller Salman Rushdie den Stop von "The Jewel Of Medina" ("Das Juwel von Medina") von Sherry Jones durch die Verlagsgruppe Random House als "Zensur aus Angst" kritisiert hatte, sagte der dänische Zeichner Kurt Westergaard am Dienstag der Nachrichtenagentur Ritzau in Kopenhagen: "Leider gibt hier einer der ganz großen Verlage klein bei. Das verheißt nichts Gutes."
Westergaard hatte nach der Veröffentlichung einer Mohammed-Karikatur in der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten" ebenso persönliche Erfahrungen mit Todes- und Gewaltdrohungen islamistischer Fanatiker machen müssen, wie Salman Rushdie nach seinem Roman "Die Satanischen Verse".
Ausgerechnet Rushdies Verlag Random House, eine Tochter des Bertelsmann-Konzerns, stoppte nun letzte Woche den Jones-Roman über Mohammeds junge Ehefrau Aisha kurz vor der geplanten Veröffentlichung.
Die größte Verlagsgruppe der Welt begründete ihren Schritt damit, dass das Buch nach Überzeugung von "glaubwürdigen und voneinander unabhängigen" Experten die Gefühle von Muslimen verletzen und Gewaltakte von Fanatikern auslösen könne. Westergaard meinte dazu: "Die Fanatiker haben gewonnen, wenn wir zurückweichen. Traurig ist das."
In Deutschland hatte es 2006 einen ähnlichen Konflikt um die zeitweilige Absetzung der Mozart-Oper "Idomeneo" in einer Inszenierung von Hans Neuenfels gegeben. Weil hier unter mehreren abgeschlagenen Köpfen religiöser Leitfiguren auch der von Mohammed zu sehen war, befürchteten Behörden Anschläge. Nach einer erregten Debatte kam zur ersten Wiederaufführung demonstrativ auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der die Absetzung als falsch kritisiert hatte.
US-Medien berichteten zur Auseinandersetzung um den Mohammed- Roman, dass tatsächlich wohl nur die texanische Islam-Historikerin Denise Spellberg vor einer Veröffentlichung gewarnt hatte. Es sei ein "Softporno", eine "Kriegserklärung an den Islam" und zudem schlecht recherchiert, gab sie nach der Experten-Lektüre an den Verlag durch.
Die Autorin Jones wies diese Vorwürfe in einem Rundfunk-Interview des Stockholmer Senders SR zurück. Sie habe ein "feministisches Porträt einer oft übersehenen Frau" zeichnen wollen. Sex komme überhaupt nicht vor. Aisha war die jüngste von Mohammeds Frauen, wurde mit ihm noch als Kind verheiratet und gilt gemeinhin als "Lieblingsfrau" des Propheten.
Jones kritisierte den Stopp ihres Buches durch Random House als "übertrieben". Ihren Blog im Internet schloss sie derweil: "Ich will, dass er Menschen und Kulturen zusammenbringt und nicht trennt." Vor dem Buch müsse niemand geschützt werden: "Die islamische Gemeinschaft überall auf der Welt ist in der Lage, einen Dialog über Ideen zu führen. Das soll man nicht unterdrücken." Sie selbst sehe sich als "Brückenbauerin zwischen Kulturen". Gewalttätige Elemente gebe es in allen Schichten der Gesellschaft.
Drohungen hat die US-Journalistin noch nicht bekommen. Random House erklärte bei der Trennung von Jones, dass diese "The Jewel Of Medina" nach eigenem Gutdünken anderweitig veröffentlichen könne. Auf die Frage, ob sie das zu tun gedenke, sagte die Amerikanerin: "Ganz bestimmt." In Belgrad zog der Beobook-Verlag die schon veröffentlichte serbische Übersetzung als weltweit erste Auslandsausgabe des Buches allerdings zurück.
Er entschuldigte sich nach Protesten islamischer Organisationen für die "Provokation".
Thomas Borchert, dpa