Umstrittenes Handke-Stück
Künstler-Protest für den Autor
Viel Theater um ein Stück von Peter Handke: Die Pariser Comédie-Française hat ein Drama des Autors aus dem Spielplan genommen, weil dieser dem Begräbnis von Slobodan Milosevic beigewohnt hatte. Jetzt folgt der zweite Akt: Protest von Handkes Künstlerkollegen.
"Das Theater ist eine Tribüne", zitierte die "Neue Zürcher Zeitung" Marcel Bozonnet, den Intendanten der Pariser Comédie Française. "Selbst wenn Handkes Stück kein Propagandawerk ist, verschafft es dem Autor öffentliche Aufmerksamkeit. Ich hatte keine Lust, ihm diese zu geben."
Zwar hatten im Gespräch mit Aufsichtsrat und betroffenen Schauspielern einige dafür gestimmt, zwischen Künstler und öffentlicher Person zu unterscheiden. Bozonnet aber blieb hart: Da der österreichische Autor am 18. März in Serbien dem Begräbnis von Slobodan Milosevic beigewohnt hatte, wurde die für Anfang 2007 geplante Aufführung des Dramas "Das Spiel der Fragen oder Die Reise ins sonore Land" abgesagt.
Handkes Haltung stelle eine Leugnung der Geschichte, der Fakten und eine Beleidigung der Opfer serbischer Kriegsverbrechen dar, so der Chef des ersten französischen Staatstheaters. Zahlreiche Schriftsteller und Filmemacher, darunter der
Österreicher Michael Haneke und der Serbe Emir Kusturica, sehen das unter Umständen ähnlich, dennoch protestierten sie nun gegen die Absetzung des Stücks.
In einem heute veröffentlichten "gemeinsamen Brief" wenden sie
sich gegen die Wiedereinsetzung "einer Art von Zensur" in Frankreich. Letztlich sei es unwichtig, ob Handke richtig oder falsch gehandelt
habe, als er zu Milosevics Beerdigung fuhr. "Es geht darum zu wissen,
ob diese Tatsache die Wiedereinsetzung einer Form von Zensur in
Frankreich durch die Konformisten rechtfertigen kann oder nicht."
Unterzeichnet haben den Brief auch die österreichischen
Schriftsteller Elfriede Jelinek, Robert Menasse, Josef Winkler sowie
der Schweizer Paul Nizon. Die Absetzung des Stückes sei nur das
(vorläufige) Ergebnis einer schon jahrelangen "systematischen
Ächtung" Handkes wegen seiner Haltung zu den Serben.
Die kann man tatsächlich bedenklich finden: Zuletzt warf der Autor dem Den Haager UN-Kriegsverbrechertribunal vor, es habe Milosevic im Gefängnis sterben lassen. Die Unterzeichner des Protestbriefs konzentrieren sich deshalb lieber auf die ästhetische Dimension von Handkes Werk. Es sei, so die Unterzeichner, "beachtlich und
wunderbar einzigartig".
dan/dpa
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