Vampir-Literatur Blutrausch auf Speed

Auf die harmlosen Vampir-Bestseller von Stephenie Meyer folgen nun die wüsten aber höchst unterhaltsamen Blutsauger-Romane des gefeierten jungen Autors Charlie Huston.

Wie es sich für eine anständige Vampirgeschichte gehört, beginnt das Buch mit einem Blutbad. Ein paar coole Sätze Small Talk, und schon geht es mit Axt und Revolver sehr drastisch zur Sache. Vorhang auf für das passend betitelte Buch "Das Blut von Brooklyn", ein neues wüstes Werk des US-amerikanischen Schriftstellers Charlie Huston.

Dessen auf fünf Bände angelegte Serie um den Vampir-Privatdetektiv Joe Pitt ist so etwas wie ein Speed-Metal-Gegenentwurf zu den faszinierend blutleeren Vampir-Bestsellern der amerikanischen Mormonin Stephenie Meyer.

Als einen der "brillantesten Stilisten dieses Jahrhunderts" lobt Genre-Großmeister Stephen King etwas überschwänglich den 44-jährigen Kollegen Huston. Während er über Meyer verlauten ließ, sie "könne überhaupt nicht schreiben". Ja, selbst die seriöse "Washington Post" feiert Huston als "herausragenden Autoren der Kriminal-Literatur des 21. Jahrhunderts".

"Das Blut von Brooklyn" hat der so euphorisch beklatschte Nachwuchs-Star seinen Idolen Bram Stoker und Raymond Chandler gewidmet und entschuldigt sich gleich für die "Freiheiten die ich mir genommen habe". Freiheiten, die hier vor allem extreme Überhöhung bedeuten. Alles bei Huston ist drastisch: die Gewalt und das Tempo, aber auch der Humor und der Ideenreichtum.

Angelegt sind seine Vampir-Abenteuer im New York der Gegenwart, wo diverse Blutsauger-Clans die Stadt unter sich aufgeteilt haben und sich der Einzelgänger Joe Pitt schnippisch, gewaltbereit und melancholisch durchschlägt.

Hustons Stärke sind Dialoge, die auch Tarantino würdig wären: '"Sie überlegen, was Sie mir antun können, Pitt?" Ich nicke. "Eigentlich die meiste Zeit."' Dazu kommt des Autors abstruser Humor: der Chef einer Hippie-Vampir-Gang zum Beispiel wird in Birkenstock-Sandalen, Hanf-Jeans und ein "Pelz-Ist-Mord"-T-Shirt vorgestellt.

Alles Qualitäten, die er bereits in seinen drei ebenso geglückten Hank-Thompson-Thrillern bewies. Überhaupt ist Charlie Huston ein Meister zeitgenössischer Pulp Fiction. In einer Ära, in der Bücher über Vampir-Romanzen und Zauber-Lehrlinge weltweit für Millionen Auflagen sorgen und Comic-Helden die Kino-Leinwände dominieren, in der die alte Trash-Kultur zum neuen Mainstream aufstieg, ist er die aufregendste Nachwuchskraft. Kein Wunder, dass Huston für den renommierten Marvel Verlag, Heimat von "Spiderman" und "X-Men", schon Comic-Abenteuer lieferte. Die Filmrechte für die meisten seiner Bücher sind sowieso längst vergeben. Das ganz große Blutvergießen hat noch nicht mal begonnen.


Charlie Huston: "Das Blut von Brooklyn".  Aus dem Amerikanischen von Kristof Kurz. Heyne Verlag, München; 320 Seiten; 8,95 Euro.

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