Erfolg mit dem »Kleinen Arschloch« Verleger Vito von Eichborn ist tot

Vito von Eichborn 2013 in Malente: Das Triviale neben dem Ernsten, gleichzeitig
Foto: Carsten Rehder / picture alliance / dpaEr war kein Spezialist, darauf war Vito von Eichborn ein wenig stolz: Er verlegte Schummelratgeber und Spontispruchsammlung neben der anspruchsvollen Edition »Die andere Bibliothek« von Hans Magnus Enzensberger und Franz Greno. Mit dem Wort vom »Verlegerprofil« konnte Eichborn nichts anfangen, für ihn ging es darum, »das Triviale neben dem Ernsten, gleichzeitig« zu würdigen.
Wie der Deutschlandfunk Kultur und der Norddeutsche Rundfunk unter Verweis auf Familienkreise berichteten, ist Vito von Eichborn am Montag in Malente (Schleswig-Holstein) im Alter von 79 Jahren gestorben.
Vito Eckart Eduard Moriz von Eichborn wurde am 7. Dezember 1943 in Hundisburg bei Magdeburg geboren. Als er ein halbes Jahr alt war, starb seine Mutter. Eichborn wuchs bei Verwandten auf und machte 1965 Abitur. Nach abgebrochenem Studium absolvierte er ein Zeitungs-Volontariat beim »Göttinger Tagblatt«. Anschließend arbeitete Eichborn für das Feuilleton des Kölner »Express«.
1973 wechselte er in die Buchbranche und wurde Lektor in der Taschenbuchabteilung des S. Fischer Verlags, wo er unter anderem die Reihe mit Arbeiterliteratur betreute. Mit dem Gewinn von 200.000 DM aus einem Immobiliengeschäft gründete er zusammen mit Matthias Kierzek, dem Inhaber der Fuldaer Verlagsanstalt, 1980 die Vito von Eichborn GmbH & Co. Verlag KG, kurz Eichborn Verlag.
»Das kleine Arschloch« finanzierte »Die andere Bibliothek«
Nach frühen Erfolgen mit Unterhaltungsliteratur wuchs das Unternehmen schnell. Zu frühen Erfolgstiteln zählten »Schummeln – aber richtig«, ein Bildband der Prostituierten Domenica aus St. Pauli und eine Neudichtung der Bibel unter dem Titel »Der große Boss«.
1984 veröffentlichte man das erste Buch des damals noch unbekannten Cartoonisten Walter Moers, der später zu einem der besonders erfolgreichen Autoren des Verlags wurde, unter anderem mit »Das kleine Arschloch«, für das Eichborn auch vor Gericht kämpfte. Permanente Umsatzsteigerungen ließen den Verlag immer größer werden. Ein Schwerpunkt waren Parodien, auf Günter Grass, aber auch auf TV-Serien (»Der Schwarzwald-Puff«). Humor, Sachbuch, Belletristik und das intellektuelle Aushängeschild, die vom renommierten Autor Hans Magnus Enzensberger herausgegebene »Andere Bibliothek«, sorgten für ein breites Spektrum.
Erst Geschäftsführer, dann Lektor, dann ein Versuch als Hotelier
1987 hatte sich Eichborn im SPIEGEL dagegen ausgesprochen, »zwischen U- und E-Literatur zu unterscheiden«. Ihm gefalle nahezu alles, »der reine Blödsinn wie der subversiv-anarchische Witz, die Literatur, wenn sie nicht blutleer ist, wie die nützliche Information, wenn sie zugleich unterhaltsam ist«.
1995 trat Eichborn als Geschäftsführer und Gesellschafter zurück. Zunächst arbeitete er noch als Lektor für den Eichborn Verlag, kündigte jedoch 1996 an, er wolle in der Dominikanischen Republik als Hotelier weitermachen. Diese Idee verfolgte er allerdings nur kurz. Noch im selben Jahr gab er bekannt, als Verlagsleiter und Mitgeschäftsführer bei der Europäischen Verlagsanstalt in Hamburg einzusteigen.
Die Senator Film beauftragte Vito von Eichborn damit, einen Verlag zu kaufen. Im Mai 1999 erwarb er den Europa Verlag. Nach dem Konkurs erst der Mutterfirma und dann des Verlags arbeitete Vito von Eichborn freiberuflich, verlegte hauptsächlich Regionalia.
Der Verlag mit der Fliege, der bis heute seinen Namen trägt, wurde durch Eichborns Nachfolger ab 2000 als Aktiengesellschaft weitergeführt und musste 2011 Insolvenz beantragen. Nach langwierigen Verhandlungen wurde er schließlich von der Kölner Verlagsgesellschaft Bastei Lübbe übernommen.