Verzückt schrie das Modevolk seine »Bravos« an den Laufstegen, als - in der letzten Woche - auf dem Schauen der Pariser Haute Couture Schwärme von kurzen Abendkleidern wie aufgereihte Taft- und Organza-Wolken an ihnen vorüberschwebten. Offenbar völlig verdrängt hatten die Zuschauer beim Anblick von Frou-frou und gerafften Hinterteilen, von nackten Hüftpartien, Petticoats und Rüschen den Mode-Kodex, daß Kleider eigentlich für Leute von heute und tragbar sein sollen. Das heißeste Pariser Mode-Wort war nun »Pouf« und galt den aufgeblähten, von Petticoats gestützten Röcken, die spielerisch federnd um Knie wippten, eine Mischung aus Lolita, Ballerina und Babydoll. Der Erfinder des »Pouf«-Look, der 35jährige Christian Lacroix vom Modehaus Patou, hatte es damit in einem Jahr zum »einflußreichsten Designer der Welt« ("International Herald Tribune") und »Schrittmacher von Paris« ("Times") gebracht. Als Neuheit präsentierte er seine Demi-Krinolinen in zarten Korall-, Türkis- und Creme-Tönen - Kleider mit glatter Vorderfront, aber hinten entweder mit Volants zu Turnüren gewölbt oder mit steifem Organza dick ausgepolstert. Im Kielwasser von Lacroix tummelte sich auch Couturier Emanuel Ungaro, ein Meister im Drapieren. Er verzierte die Sitzflächen seiner Modelle mit dicken Taftschleifen. Karl Lagerfeld nähte (für Chanel) eher halbherzig ein paar Tüllwülste unter Kostümschößchen. »Der Allerwerteste«, so die »Herald Tribune«, sei »zu einer unwiederstehlichen Zielscheibe des Vergnügens geworden - besonders am Abend«. Nur Yves Saint Laurent ließ bei seiner Abendmode gänzlich von den Puffs, er drapierte nur lose in Cloque und Chiffon - dafür mitunter geschlitzt bis zum Schritt. Er ist noch immer der »Gigant«, urteilte Hebe Dorsey in der »Herald Tribune«, aber Lacroix, das sei »die Zukunft«.
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Artikel 76 / 100
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