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KUNSTMARKT / EDITION OLYMPIA Matter Kämpfer

aus DER SPIEGEL 18/1969

Einer vorolympischen Liaison zwischen Sport und bildender Kunst ist ein »schlapper Heros« mit einem »Prostataleiden« entsprossen. So beschrieben Münchner Zeitungen den ersten, von Oskar Kokoschka mit müder Hand skizzierten und kürzlich von der »GmbH »Edition Olympia 1972« veröffentlichten Plakatentwurf für die bevorstehenden Athletenspiele.

Zusammen mit rund 30 weiteren Werbe-Drucken soll dieser matte Kämpfer nicht nur auf Anschlagflächen geleimt, sondern auch in hoher Auflage als Originalgraphik verkauft werden, Die »Edition Olympia«, an der das Organisationskomitee für die Olympiade und der Münchner Verlag Bruckmann je zur Hälfte beteiligt sind, hat dafür einen Dreistufenplan entwickelt:

* 200 Exemplare pro Entwurf, als Lithographien oder Serigraphien auf feines Papier gedruckt und vom Künstler signiert, sollen zu Preisen um 500 Mark abgegeben werden; > je 2000 bis 5000 Fortdrucke in gleicher Technik, doch unsigniert und auf gröberem Papier, soll der Kunsthandel zu Stückpreisen um 30 Mark vertreiben;

* in unbegrenzten Massenauflagen werden die eigentlichen Plakate als Offset-Reproduktionen hergestellt und, noch billiger, an Sammler verkauft.

Außer Kokoschka haben schon die Altmeister Hans Hartung, Serge Poliakoff und Marino Marini Plakat-Entwürfe eingereicht. Andere Prominente versprachen ihre Mitarbeit; Picasso freilich sagte ab. Erhardt Stiebner, Aufsichtsratsmitglied der Olympia-Edition, registriert das mit Erleichterung: »Wir können uns nicht leisten, daß der uns eine Pornographie liefert.«

Auch ohne Picasso-Frivolitäten erwartete Bruckmann-Gesellschafter Stiebner von der Edition »in jedem Fall eine Revolution«, vor allem unter »unseren protestierenden, stürmischen jungen Menschen, die so an die Werte der modernen Kunst herangeführt werden«.

Ein so umwälzendes und nebenher einträgliches Volksbildungs-Werk war zuerst der Münchner Galeristin Dorothea Leonhart eingefallen -- so sagt sie selbst. Schon im Juli 1967 will sie dem Kulturreferenten der Stadt, Herbert Hohenemser, vorgeschlagen haben, mit Olympia-Graphiken gegen die exklusiven Kunsthandels-Traditionen »einer besitzbürgerlichen Gesellschaft« anzugehen.

Tatsächlich reichte, auf Hohenemsers Rat, die Kunsthändlerin ihre Idee schriftlich ein, empfing Versicherungen, sie solle mit der -- alsbald beschlossenen -- Plakat-Aktion beauftragt werden; und selbst als der Bruckmann-Verlag als Finanzier herangezogen wurde, schrieb NOK-Chef Willi Daume am 11. Juni 1968 an Dorothea Leonhart, »daß Ihre Interessen bei den Verhandlungen gewahrt wurden«.

Doch in die »Edition«-GmbH kam die Galeristin auf Drängen des Bruckmann-Vertreters nicht hinein; Stiebner weiß nur noch von einem Informationsgespräch »ohne Gründungscharakter"« das mit Frau Leonhart geführt worden sei.

Die aber will mit 20 Prozent am Plakat-Umsatz beteiligt und in die »Edition« -GmbH aufgenommen werden. Auf Antrag von Frau Leonhart wird das Landgericht München I am 20. Mai entscheiden, ob diese Ansprüche zu Recht bestehen.

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