NEU IN DEUTSCHLAND Michel Butor: »Der Zeitplan«.
Der 34 jährige Autor, neben Nathalie Sarraute und Alain Robbe-Grillet hervorragender Vertreter der Schule des neuen französischen Romans, macht in seinem zweiten Roman - er erschien bereits 1956 in Frankreich - ein ebenso gewichtiges wie verwirrendes Experiment mit der Zeit. Sein Romanheld und Erzähler, der junge Franzose Jacques Revel, der sich für ein Jahr in der (fiktiven) englischen Industriestadt Bleston aufhält, versucht sich im Labyrinth der modernen Großstadt zurechtzufinden, indem er sich schreibend Rechenschaft über seine Alltagserlebnisse ablegt. Der tagebuchartige Bericht, in chronologischer Ordnung begonnen, spaltet sich aber bald in zwei Zeitebenen, weil sich im Bewußtsein Revels während der fortlaufenden Gegenwart die Vergangenheit immer wieder verändert und in neuen Zusammenhängen darbietet. Butor, der auf diese Art den unaufhörlichen Wechsel der Aspekte und Sinngebungen darstellen möchte, dem auch das Alltäglichste unterworfen ist, hat sich bei seiner Zeiterforschung auf die Wiedergabe banaler Geschehnisse beschränkt, die jedoch wie die rätselhaften Indizien eines Krimineiromans anmuten. (Biederstein Verlag, München; 352 Seiten; 16,80 Mark.)
Butor