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FILM NEU IN DEUTSCHLAND Montage mit Muschiks

aus DER SPIEGEL 45/1967

Oktober-Revolution (Frankreich). Von kratzenden Geigentönen begleitet, holpern leere Paniewagen durch die leere Russenlandschaft. Zum Schluß des Films schwanken sie wieder heran. jetzt hoch mit Heu beladen.

So symbolisch rahmt der Dokumentarfilm-Monteur Frédéric Rossif ("Sterben in Madrid") sein Klebe-Werk aus altem Zelluloid und nachgedrehten Szenen über Rußlands revolutionäre Jahre -- von der Krönung des Zaren Nikolaus 11. (1894) bis zum Tode Lenins (1924).

Neben bärtigen Muschiks, Popen-Paraden und verregneten Zwiebeltürmen, neben Hochofen-Dramatik, trippelnden Truppen und stumm explodierenden Kanonen hat Rossif Szenen ans Licht gebracht, die fesseln und frappieren.

Der Zarewitsch wird zu Pferd gesetzt und ehrfürchtig umhergeführt, Petersburger Demonstranten krümmen sich unter Polizistenkugeln, und Rotarmisten, von Weißgardisten füsiliert, zappeln komisch in die Grube; die handgedrehten Filme machen Grauen grotesk.

Rossif hat Stücke aus russischen, amerikanischen und deutschen Archiven zu einem flotten Report montiert. Die großen Figuren der Revolution, Lenin, Trotzki, Kerenski, treten ausgiebig ins Bild, und wenn historische Begebenheiten, wie die Erstürmung des Winterpalais, unbelichtet blieben, half sich Rossif mit Musik-Bombast und brünstig gefilmten Eisentoren.

Die cinéastische Qualität der Dokumente aus den Jahren nach 1917 verblüfft -- Rossif nutzte vor allem Filme des Cinéma-vérité-Pioniers Dsiga Wertow. Der eher milde Enthusiasmus für die Rote Revolution ist verständlich -- das Memorial wird von der amerikanischen Paramount verliehen.

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