MUSIK Mozart-Fund aus dem Jenseits
Ein leeres, eingeschneites Ferienhotel am österreichischen Attersee im Winter 1980/81. Ausgerechnet in dieser Einöde stürzte sich der Pianist Friedrich Gulda (1930 bis 2000), Energiebündel und Enfant terrible seiner Zunft, auf die Klaviersonaten von Mozart. Radikal wie keiner zuvor interpretierte der Jazz-Liebhaber und Frack-Feind Gulda seinen verehrten »Weltmeister« der Töne - cool und kraftvoll, mal hüpfend, mal hämmernd, immer aber weltenfern vom braven Rokoko-Geklimper vieler Kollegen. Die winterliche Klausur im Salzkammergut war seine Vorbereitung auf einige große Konzerte, in denen er bald »Mozart for the People« präsentieren wollte. Doch Platten der Sonaten erschienen nie, und auch die Mitschnitte galten als verschollen. Erst vor knapp einem Jahr stieß der Sohn Rico Gulda, 37, im Nachlass des Tonmeisters Hans Klement doch noch auf ein paar Kassetten-Kopien. »Wir haben uns sehr beeilen müssen, dass wir es bis zum Jubiläum schafften«, erzählt Gulda junior, heute selbst erfolgreicher Pianist, der damals als Kind am Attersee Karl May oder Comics las, während »Papi« übte. Nun werden die furiosen Deutungen von zehn Sonaten tatsächlich zu Mozarts 250. Geburtstag bei der Deutschen Grammophon Gesellschaft erscheinen, termingenau zum 27. Januar. Der zählt in diesem Fall sogar doppelt: Es ist auch Friedrich Guldas sechster Todestag.