
Saxophonvirtuosin: Alt kann ganz schön jung klingen
Saxophonvirtuosin Es swingt so schön im Neuland
Kann man verstehen, weshalb ein so geschmeidiges und vielseitiges Instrument wie das Saxophon so selten im Konzertsaal aufspielt? Zu wenig Repertoire? Die Nähe zu Pop und Jazz? Geht doch eigentlich: Wenn man sich zum Beispiel Jacques Iberts (1890-1962) "Concertino da Camera" von 1935 anhört, klingt das wie eine veritable Huldigung des Holzblasinstrumentes. Hier wird dazu noch der leicht näselnde Ton des Altsaxophons mit glühenden Kantilenen und swingender Biegsamkeit abgefedert. Das gelingt perfekt, wenn jemand das Alto so spielt wie die junge Asya Fateyeva, deren Können ihr schon ein Reihe von Preisen eingebracht hat, wie den Sieg beim Deutschen Musikwettbewerb 2012.
Geboren wurde sie 1990 auf der Krim, studiert hat sie in Moskau, Köln, Paris, Lyon und Hamburg, verdiente sich die Förderung durch die "Deutsche Stiftung Musikleben", und inzwischen gastiert sie als Solistin bei vielen europäischen Orchestern. Eine Bandbreite, die Asya Fateyevas Spiel prägte und die nützlich ist, wenn man immer ein wenig ums Repertoire und um Konzertpräsenz kämpfen muss. Pianisten, Geiger oder Cellisten haben es da leichter.
Jazzige Technik, orientalischer Klang
Ihr Lyoner Saxophon-Dozent Jean-Denis Michat komponierte das hier vertretene kammermusikalische Werk "Shams" (2010), das in klassischer Form orientalisch-arabische Elemente mit europäischer Konzertmusik verbindet. Jazzige Techniken der Tonprägung fließen tragen dazu bei, eine eigenständige Klangsprache für das spröde Altsaxophon zu definieren. Neuland wird forsch beackert: Über das Experiment, dessen Grundlagen die Kompositionen liefert, finden die Interpreten zu neuem Ausdruck. Michat arbeitet hier mindestens so innovationsfreudig wie seine Schülerin: Mit solch individuellem Repertoire kommt Fateyeva ihrem Ziel näher, das Saxophon als Soloinstrument fester im Konzertprogramm zu etablieren.
Pas-de-deux der Sonderklasse
Auch die Komponistin Fernande Decruck (1896-1954) war kreativ auf der Suche nach neuen musikalischen Möglichkeiten für das Instrument, nicht zuletzt, weil ihr Ehemann und Mitmusiker Maurice Decruck als Klarinetten-Virtuose und Saxophonist beim New York Philharmonic Orchestra spielte. Ihre Sonate für Altsaxophon (wahlweise Viola) und Orchester von 1943 eröffnet mit verhaltenem Ton Asya Fateyevas CD, um im Rondo-Finale quirlig und temperamentvoll den klanglichen Bogen von Europa nach Asien zu schlagen. So munter wie ein Schmetterling wirbeln die Tonreihen im dritten Satz "Fileuse", eine echte Herausforderung für die Solistin, aber auch für ihre Piano-Partnerin Valeriya Myrosh. Die beiden Virtuosinnen werfen sich die Töne nur so zu, ein Pas-de-deux der Sonderklasse. Wendig wie eine Klarinette, rund tönend wie eine Trompete, so rauscht Asya Fateyeva ins Ziel beim "Rondel"-Finale.
Stilistisch härter geht es bei William Albrights (1944-1998) fünfsätziger "Sonata" zur Sache, die sich von klassischer Tonalität weiter entfernt und die klanglichen Räume für das Soloinstrument neu vermessen will. Das Scherzo etwa bündelt Melodienfragmente für Piano und Saxophon, spielerisch und fragend, bevor es im "Mad Dance" stampfend und drängend zur Klimax kommt: Strawinsky grüßt von Ferne. Man spürt in jeder Phase, dass der Komponist William Albright selbst ein hochtalentierter Organist und Pianist war, seine virtuosen Einfälle für den Klavierpart stehen jenen für das Alto in nichts nach. Auch seine Bewunderung für Ragtime und Scott Joplin klingt deutlich an.
Multimediaprojekt in Hamburg
Mit den Brandenburger Symphonikern, mit denen Asya Fateyeva das "Concertino" von Ibert aufgenommen hat, wird sie im März auch live zu hören sein. Natürlich mit dem Ibert-Konzert, aber auch mit ähnlichen Werken von Glasunov, John Adams und Darius Milhaud. Neben dem Altsaxophon verfügt Asya Fateyeva auch über ein breites Repertoire auf den schwierigen Sopransaxophon, darunter natürlich auch neuere Werke von Giya Kantcheli oder Michael Nyman. Dass sie sich keinesfalls nur im Konzertsaal zuhause fühlt, zeigen Multimedia-Projekte wie "Insight" von Aigerim Seilova, mit dem Asya Fateyeva am 24. März in Hamburg (Theaterquartier Gaußstraße) zu Gast ist. Neugier gehört zum künstlerischen Leben als Saxophon-Virtuosin einfach zwingend dazu - das Instrument bleibt repertoiretechnisch immer eine Herausforderung, wenn man jenseits von Pop und Jazz unterwegs ist.
Konzerttermine: 13.3. Leipzig, 18. und 19.3. Brandenburg, 24.3. Hamburg, 7.5. Altenburg/Residenzschloss, 26.6. und 28.6. Kassel und 12.7. Hamburg