London - Für Musikfans ist sie noch immer ein Pflichtziel auf der London-Reise: die Abbey Road im Norden der Stadt. Schließlich nahmen hier die Beatles fast alle Alben auf, darunter natürlich auch "Abbey Road", dessen Zebrastreifen-Cover von zahlreichen Touristen nachgestellt wird. Auf dem Straßenschild und an den Außenwänden des Studiogebäudes haben viele von ihnen Nachrichten und ihre Namen hinterlassen, so als wollten sie sich ein ganz klein wenig in die Musikgeschichte einschreiben.
Nun steht dieses Stück Musikgeschichte offenbar zum Verkauf. Die "Financial Times" berichtet, der angeschlagene britische Musikkonzern EMI wolle die legendären Abbey Road Studios verkaufen, um seinen riesigen Schuldenberg abzubauen. Das Unternehmen, das 2007 vom Finanzinvestor Terra Firma übernommen worden war, hatte im Geschäftsjahr bis Ende März 2009 einen Verlust von umgerechnet fast zwei Milliarden Euro gemacht und auch vor Zahlungsschwierigkeiten gewarnt.
Eine Vorläuferfirma der EMI hatte 1929 das Gebäude an der Abbey Road Nummer drei gekauft, um es zu einem Tonstudiokomplex umzubauen. Seit 1931 nahmen dort Musiker aller Couleur auf: Jehudi Menuhin kam 1932 als 16-jähriges Geigenwunderkind erstmals in die Abbey Road, seine letzte Aufnahme dort datiert auf das Jahr 1999. Cliff Richard nahm Ende der Fünfziger mit den Shadows die wohl ersten britischen Rock'n'Roll-Songs auf. Im Zweiten Weltkrieg entstanden hier Propaganda-Programme der britischen Regierung. Auch die "Herr der Ringe"-Filmmusik wurde hier aufgenommen.
Berühmt sind die Abbey Road Studios aber natürlich vor allem, weil die Beatles zwischen 1962 und 1969 etwa 90 Prozent ihres Gesamtwerks dort aufnahmen. Zu jener Zeit brachten die Fab Four oft den Belegungsplan durcheinander - andere Musiker mussten warten, bis sie mit ihren Aufnahmen fertig waren. Auch die neu gemasterten Beatles-Wiederveröffentlichungen aus dem vergangenen Jahr wurden hier bearbeitet. In den Siebzigern übernahmen dann Pink Floyd die Rolle der Abbey-Road-Hausband, unter anderem spielten sie ihren Klassiker "Dark Side Of The Moon" hier ein. An diese Tradition knüpften in den Neunzigern Radiohead an, deren Alben "The Bends" und, zumindest teilweise, "OK Computer" in der Abbey Road entstanden. In den letzten Jahren bekam das Studio allerdings zunehmend Konkurrenz durch billigere Aufnahmemöglichkeiten.
EMI wollte den Bericht zunächst nicht kommentieren. Die "Financial Times" berief sich auf mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen. Demnach werbe EMI derzeit um Bieter für das Gebäude. Ein Verkauf könnte eine hohe Millionensumme einbringen. Unklar sei aber, ob EMI auch den Markennamen Abbey Road mit dem Gebäude verkaufen wolle. Ein Medienanwalt sagte der Zeitung jedoch: "Die Marke ist mehr wert als das Gebäude ... Jeder, der die Studios haben will, will die Marke."
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1929 erwarb eine Vorläuferfirma der EMI das Haus in der Abbey Road 3, um dort einen modernen Tonstudiokomplex einzurichten.
Berühmt wurden die Studios vor allem, weil die Beatles dort fast alle ihre Alben aufnahmen. Hier Paul McCartney und John Lennon im Februar 1968.
Schauplatz für Souvenirfotos: Für ihr Album "Abbey Road" ließen sich die Beatles auf dem Zebrastreifen vor dem Studio fotografieren. Die britische Post gab 2006 eine Erinnerungsbriefmarke mit dem Coverbild heraus.
Aber natürlich nahmen nicht nur die Beatles hier auf: Pink Floyd und Radiohead waren ebenso Stammgäste wie Jehudi Menuhin. In den letzten Jahren entstand auch viel Filmmusik - hier Mick Jagger und Dave Stewart bei den Aufnahmen zum "Alfie"-Soundtrack.
Nun ist offenbar die EMI gezwungen, die Studios zu verkaufen. Der britische Musikkonzern, der der Kapitalfirma Terra Firma von Guy Hands gehört, hatte im Geschäftsjahr bis März 2009 einen Verlust von fast zwei Milliarden Euro gemacht.
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