Billie Eilish beim Demokraten-Parteitag Für die Zukunft ihrer Generation

Mit ihrem Auftritt beim Parteitag der US-Demokraten zeigte sich Billie Eilish als Sprecherin ihrer Generation. Wie verblüffend bereitwillig die 18-jährige Sängerin diese Rolle spielt, zeigte sie schon in einem Werbespot.
Billie Eilish bei ihrer Ansprache zum virtuellen Parteitag der Demokraten

Billie Eilish bei ihrer Ansprache zum virtuellen Parteitag der Demokraten

Foto:

DNCC / AFP

Die Rednerliste eines Parteitags wie bei den US-Demokraten ist ein kompliziertes Puzzle, denn schließlich soll sich jede erdenkliche potenzielle Wählergruppe repräsentiert sehen. Und Prominenz wäre ein Bonus.

Das Segment der Erstwählerinnen wurde 2016, bei der Kandidatenkür von Hillary Clinton, durch die damals 19-jährige Schauspielerin Chloë Grace Moretz ("Kick-Ass") vertreten. Das Magazin "Teen Vogue" mutmaßte  nach ihrem Aufruf an die jungen Wahlberechtigten gar, es könnte der Anfang einer politischen Karriere gewesen sein. Dass Moretz zur Stimme ihrer Generation geworden sei, lässt sich vier Jahre später allerdings nicht behaupten.

Umso mehr gilt das hingegen für die diesjährige prominente Erstwählerin bei der Democratic National Convention (DNC): Die 18-jährige Sängerin Billie Eilish hielt eine kurze, aber sehr dringliche Ansprache an ihre Altersgenossinnen und -genossen: "Wir müssen alle wählen, als ob unsere Leben und die Welt davon abhängen würden", sagte sie, "denn das tun sie." An wen die Stimmen gehen sollten, hatte sie zuvor schon deutlich gemacht: "gegen Donald Trump und für Joe Biden".

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Interessant war, welche Sachthemen Eilish herausstellte: Das Land brauche Anführer, die "Probleme wie den Klimawandel und Covid" lösen würden, anstatt sie zu leugnen. Auch gegen systematischen Rassismus und Ungleichheit müssten sie vorgehen. Wenn man eine politische Agenda der Generation Z aufstellen müsste, würden diese Themen vermutlich weit oben stehen.

Nachdem sie ihre Stimme erhoben und zur Stimmabgabe aufgerufen hatte, tat Billie Eilish das, was das Vorrecht der Jugend ist: Sie sang über ihre Hoffnungen für die Zukunft. Natürlich ist der Song "My Future" kein politisches Lied an sich, es geht um Persönliches, um Selbstakzeptanz. Aber Fridays for Future und die Klimawandel-Debatte haben die Frage nach einer lebenswerten Zukunft für die Erstwählergeneration sehr real gestellt.

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Es war der erste Auftritt, bei dem Billie Eilish den Ende Juli mit einem Zeichentrickvideo veröffentlichten Song auf der Bühne sang - anfangs am Piano sitzend, später an der Seite ihres Gitarre spielenden Bruders und Songwriting-Partners Finneas O'Connell stehend.

Noch expliziter als Stimme ihrer Generation hatte sich Eilish gut eine Woche vor dem Parteitagsauftritt in einem Werbespot für die Telekom positioniert: Während im Hintergrund ihr Song "When The Party's Over" läuft, spricht Eilish zu den Gleichaltrigen, referiert einige Klischees über die Apathie und Geräteabhängigkeit der Jugend.

Geschickt wird dabei ein Grundszenario im heutigen Eltern-Kind-Konflikt aufgegriffen: Die verzweifelte Frage der Älteren, was die Jungen da eigentlich die ganze Zeit treiben. "Wenn sie uns das nächste Mal auf einen Bildschirm starren sehen, und fragen, was wir darauf machen", sagt Eilish, bisher nur in der Offstimme zu hören, nun auch zu sehen: "warum zeigen wir ihnen nicht, was wir damit alles erreichen". Für "digitalen Optimismus" werben, nennt das die Telekom.

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Dass sich eine junge Popmusikerin so ausdrücklich als Stimme ihrer Generation verkauft, wortwörtlich sogar, gab es selten. Viele sich demonstrativ unpolitisch gebende Newcomer versuchte die Popkritik immer wieder mit großem Interpretationsaufwand dazu zu machen. Andere, kritischere Geister verwahrten sich gegen die Vereinnahmung. Und wenn, wie im pophistorischen Musterbeispiel "My Generation" von The Who, der Generationenkonflikt aufgemacht wurde, war es meist konfrontativ.

Ganz anders bei Billie Eilish. Schon vor dem ersten Album, das im März 2019 erschien, schwärmten so ziemlich alle Popkritiker mittleren Alters, die über ihre Kinder mit Billie Eilish bekannt gemacht worden waren, in den sozialen Medien von deren Musik. Dass sie kompatibel für die breite Masse der Elterngeneration ist, muss auch den James-Bond-Produzenten klar gewesen sein, als sie den Titelsong zum neuen Kinofilm "No Time To Die" an Eilish vergaben. Der Song erschien noch vor der Coronakrise, der Kinostart liegt noch, nun ja, in der Zukunft.

Jedenfalls ist ganz offenkundig: Wenn es eine Prominente gibt, die aus Sicht der DNC-Parteitagsregie dazu geeignet ist, die Erstwählergeneration zur Wahl eines 77-jährigen Kandidaten aufzufordern, dann ist es Billie Eilish. Jetzt muss sich nur noch zeigen, ob ihre Generation sie auch als ihre Stimme akzeptiert.

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