Blutiges Moby-Video "Hühner haben auch Gefühle"
Richard Melville Hall ist so eine Art Super-Nerd. Der 42-jährige New Yorker, der es als DJ, Sänger und Techno-Musiker Moby zu Weltruhm gebracht hat, erfüllt alle Kriterien, die Testosteron-trunkene Machos und selbsterklärte Coolness-Pächter zur Weißglut treibt: Er trägt eine Intellektuellen-Brille zur modischen Glatze, ist seit Jahren überzeugter Veganer, äußert sich oft und gerne im Internet zu politischen Themen, hasst George W. Bush und alles, wofür der republikanische US-Präsident steht - und feiert regelmäßig Erfolge in den Pop-Charts und bei hübschen Frauen.
So zog der Nachfahre des Schriftstellers Herman Melville ("Moby Dick") unlängst sogar den Zorn der ähnlich nerdig veranlagten "Stars Wars"-Fangemeinde auf sich, weil er eine kurzzeitige Romanze mit Natalie Portman gehabt haben soll. Die Schauspielerin gibt in der Science-Fiction-Saga die liebliche Prinzessin Amidala - und soll sich nach Meinung der Fans offenbar nicht mit blässlichen Veganern einlassen. Bisher war Moby vor allem Zielscheibe des Spottes seiner Musiker-Kollegen. Legendär sind die medialen Schmäh-Gefechte, die er sich mit Rapper Eminem und der britischen Rüpelband Oasis lieferte.
Kritik pariert Moby gerne mit überzeugtem Gutmenschentum. So sagt er zur Veröffentlichung des kontroversen Videos zu seiner neuen Single "Disco Lies": "Ich finde es wichtig, über Verantwortung nachzudenken. Jeder Mensch trägt Verantwortung für das, was er tut. Hühner haben auch Gefühle. Die Hühner in den Legebatterien - sie leiden."
Mit dem Clip, in dem ein der Schlachtbank entronnenes Hühnchen blutige Rache an einem Fast-Food-Kettenbetreiber übt, will Moby, der sich schon länger für Tierrechte einsetzt, ein Statement gegen die Fleischindustrie machen. Er sagt: "Die Fleischproduktion trägt maßgeblich zur hohen CO2-Emission bei. Die Viehzucht verursacht mehr Treibhausgase als das Autofahren. Es ärgert mich, dass dieser Punkt in der ganzen Diskussion um die globale Erwärmung kaum zur Sprache kommt!" Eine geschnittene Fassung ist bereits bei MTV zu sehen, die unzensierte Version des Clips gibt es nur bei SPIEGEL ONLINE.
Natürlich ist das alles nicht nur lobenswertes gesellschaftliches Engagement, sondern vor allem auch Werbung in eigener Sache. Die Single erscheint am 14. März, das zugehörige Album "Last Night" zwei Wochen später. Darauf gibt sich Moby dann allerdings ganz hedonistisch: Die Konzept-Platte ist ein chronologischer Streifzug durch einen typischen New Yorker Club-Abend.
bor