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Star-Sopranistin DiDonato: "Durch und durch bezaubernd"

Foto: ROH 2011

Star-Sopranistin DiDonato Der Stoff, aus dem die Diven sind

Die Mezzosopranistin Joyce DiDonato liebt Bühne, Drama und Barock. Ihre CDs und Auftritte bieten schlicht Extraklasse. Mit ihrem neuen Konzept-Album hat sie sich selbst ein Denkmal gesetzt - fast verwischt die Grenze zwischen Künstlerin und Kunst.

Das war harter Stoff für eine Rossini-Premiere: Joyce DiDonatos Beinbruch mitten im "Barbier von Sevilla" an der Covent Garden Opera im Jahre 2009 und das knallharte Weitermachen - the show must go on! - hat ihr Image nachhaltig geprägt. Legenden leben von solchen Stunts. Und DiDonato mag dieses Image, denn die Amerikanerin hat neben aller ernsthaften Kunstfertigkeit auch Sinn für Humor und Entertainment, für den Hauch von Zirkus und Schmiere, der dem Theater Leben und Sinnlichkeit einhaucht. Sopran-Diven sind heute ohnehin oft keine zarten Vöglein mehr, sondern tough cookies, deren Power sich nicht in der Stimme erschöpft.

Die 1969 im US-Bundesstaat Kansas geborene Mezzosopranistin probiert vieles aus. Meist gelingt es ihr. So bildkräftig wie ihr neues Album "Drama Queens" (Virgin Classics) könnte - im Singular freilich - auch ihre künftige Autobiografie heißen. Zwar geht es primär mal wieder um Barockmusik, aber auch um Repertoire-Entdeckungen, denn Joyce DiDonato und ihr musikalischer Partner Alan Curtis haben nach Raritäten gegraben.

Natürlich sind gängige Namen wie Händel, Monteverdi und sogar Haydn mit "dramatischen" Arien vertreten, fast interessanter aber sind die nicht so bekannten Komponisten wie Reinhard Keiser (1674-1783), dessen Heldin Galsuinde aus der Oper "Fredegunda" (1715 uraufgeführt) in der Arie "Lasciami piangere" hypnotisch intensiv vertont wurde. DiDonato singt wie so oft als ginge es um ihr Leben - dabei geht es ihr stets auch um den authentischen Barockstil. "Diese Musik gibt mir die Freiheit, sehr menschliche und bewegende Emotionen auszudrücken", erklärt Joyce DiDonato. "Die Stimme dominierte diese Ära, das bedeutet für mich folglich den größtmöglichen Spielplatz! Daran entzündet sich meine Phantasie!"

Als ginge es um ihr Leben

Partner dieser bei aller historischen Korrektheit oft auch rauschhaft schwirrenden Einspielungen sind der Dirigent und Barockspezialist Alan Curtis und sein Ensemble "Il Complesso Barocco", das der gelernte Cembalist Curtis bereits 1979 gründete und seither zu einem Top-Ensemble der historisch orientierten Interpretation von Barockmusik geformt hat. Immerhin 26 Musikerinnen und Musiker umfasst das Ensemble heute. "Wir arbeiten seit fast zehn Jahren zusammen", erzählt Joyce DiDonato, "und Alans Ansatz ist geprägt von leidenschaftlicher Neugier auf die Charaktere, die wir hier dargestellt haben. Ich wusste, dass er für dieses Projekt ein paar Juwelen entdecken würde. Und ein paar davon sind als Studioaufnahmen echte Premieren!" Ein nettes Booklet, zu dem DiDonato auch etwas beisteuerte, erläutert sinnvollerweise die Quellen und Kompositionen.

Das Buddeln in den Archiven hat sich gelohnt, denn die melodienselige und emotional offensive Barockmusik erlebt seit Jahren nicht nur in Deutschland eine Renaissance. Auch durch charismatische Gesangsstars wie etwa den Countertenor Philippe Jaroussky oder eben Joyce DiDonato, obwohl die sich im Gegensatz zu manchen Kollegen nicht als ausschließliche Spezialistin für Alte Musik einschränkt. Sie stellt ihr Temperament ebenso engagiert in den Dienst von Mozart, Janacek, Richard Strauss oder singt Werke neuerer Komponisten wie Jake Heggie, dessen Operndebüt "Dead Man Walking" sie 2002 in New York mit aus der Taufe hob.

Mit Maria Stuart in die Kinos

Bühne und Studio, das ergänzt sich für DiDonato perfekt. "Zwei völlig verschiedene Erfahrungen, aber ich liebe beide", sagt sie. "Das ist eine Herausforderung, denn im Studio muss ich eben alles nur mit der Stimme erschaffen, man kann sich nicht auf Dekoration, Kostüme, Licht und Bewegung verlassen. Als Künstlerin lerne ich stimmlich im Studio mehr, denn ich bin gezwungen, farbiger, klarer, dynamischer zu singen. Die Rollen sollen dem Zuhörer so lebendig wie möglich erscheinen."

Den "Drama Queens" wird Joyce DiDonato auch 2013 treu bleiben, denn in einer Inszenierung von David McVicar wird sie an der Metropolitan Opera in New York als Titelheldin in "Maria Stuarda" von Gaetano Donizetti auf der Bühne stehen. Premiere ist am Silvestertag 2012, und am 19. Januar soll die Produktion weltweit live durch Kinosäle geschickt werden. Nervös dürfte Joyce DiDonato weder wegen der Rolle ("Eine absolute 'Drama Queen'!") noch wegen der Premiere sein. "Ich genieße den Augenblick und verbringe nicht viel Zeit mit Zukunftsahnungen!"


Tournee von Joyce DiDonato: 
3.11. Baden-Baden, 5.11. Bremen, 7.11. Berlin, 9.11. Hannover, 11.11. Wien und weitere Termine im Februar/März 2013.

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