Neue Ärzte-Single Was reimt sich eigentlich auf "Alexa"?

Fun-Punk-Band Die Ärzte: Fast schon konservativ, diese Verlässlichkeit
Foto:Jörg Steinmetz / Wagmüller PR / Die Ärzte / picture alliance / dpa
Dafür, dass die beiden Chef-Ärzte Farin Urlaub, 56, und Bela B, 57, stramm auf die Sechzig zumarschieren (Rod González ist ein bisschen jünger), haben sie ihre Social-Media-Kampagne hervorragend im Griff: Schon seit Tagen poppten auf Instagram und anderen Kanälen kurze Videos auf, in denen Indie-Größen unter dem Hashtag #singtrueromance Teile ihrer neuen Single sangen - die Donots und die Toten Hosen, Dirk von Lowtzow, Deichkind, Terrorgruppe, K.I.Z. und ZSK. Eine beeindruckende Mobilisierung anarchischer Kräfte - und ein großer Spaß.
In der Nacht zu Freitag wurde "True Romance", der zweite Vorab-Song aus dem für den 23. Oktober angekündigten Album "Hell", dann tatsächlich veröffentlicht, zusammen mit einem überdrehten Science-Fiction-Clip in VR-Ästhetik. "So viele animierte Brüste sind mir, glaube ich, noch nie in einem Video begegnet!", staunte ein YouTube-User. Das passt hervorragend zu den Songlyrics, in denen der Hörer aufgefordert wird: "Google doch mal Sex mit Alexa".
Damit hat sich die ewige Frage "Ist das noch Punkrock?" auch schon erledigt. Der "besten Band der Welt" (Selbstbezeichnung) war der Fun im Punk immer schon wichtiger als alles andere. Subversiv ist "True Romance" natürlich trotzdem - vom lasziv dahingleitenden Schlafzimmer-Soul des Sounds, der sich in alle Streaming- und Radio-Algorithmen einschleimt, bis zum zentralen Reim des Refrains: "Hey Siri! Erzähl mir über Sex mit Alexa / Die tut so prüde, das macht die doch extra/ Und in Wirklichkeit ist sie 'ne echte Drecksa... uh, der Reim war schlecht, beschwer dich beim Tеxter/ Es gibt nicht viele Rеime auf 'Alexa'".
Unnötig, zu sagen, dass sich so ziemlich jedes zweite Wort im gesamten Text mühelos auf "Alexa" reimt, oder?
Aus dem in den Lyrics etablierten Setting eines lauschigen Abends mit entkorktem Rotwein, geladenen Akkus und Mondschein grinst einem also breit die Entfremdung des Individuums mit der modernen Dienstleistungswelt digitaler Sprach- und Lebensassistenten an: Der Protagonist des Liedes kann sich schlicht keinen Reim darauf machen, die Band nutzt aber natürlich trotzdem die Mechanismen der neuen Zeit und Medien für die maximale Ver- und Bejubelung ihres Stoffs. So bleiben sich die Ärzte auch mit dieser vordergründig überraschenden Schunkelballade mal wieder treu.
Auf die kann man sich halt verlassen. Wobei das jetzt dann doch arg konservativ klingt. Wahrscheinlich altersbedingt.