
Proteste gegen Tarifreform: Die Clubszene tanzt gegen die Gema
Proteste gegen Tarifreform Piraten und Clubszene vereint gegen die Gema
Berlin/Hamburg - Den Anfang machte am Donnerstagnachmittag ein Berliner Aktionsbündnis mit einer Kundgebung vor der Gema-Bezirksdirektion. Begleitet von den mächtigen Bässen der Soundtrucks wollen die Initiatoren des Bündnisses "FairPlay - Gegen GEMAinheiten" einmal den Kurfürstendamm hoch- und runterziehen. In München, Stuttgart, Frankfurt und weiteren Städten demonstrieren die Gema-Kritiker ebenfalls - oftmals in Zusammenarbeit mit der Piratenpartei. "Tariferhöhungen von mehr als tausend Prozent bedeuten in der letzten Konsequenz nicht nur das Ende für eine lebendige Musikkultur, sondern auch den Verlust von unzähligen Arbeitsplätzen", sagte der Bundesbeauftragte für das Urheberrecht der Piratenpartei Deutschland, Bruno Kramm.
Auf der Reeperbahn in Hamburg betrauern die Demonstranten gleich den Tod des Kiezes, dessen musikalische Vielfalt mit der Gema-Reform vernichtet werde: "Zwei Weltkriege, Hunderte Jahre Vergnügungskultur, Sex, Drugs & Rock'n'Roll - und dann kam die Gema. Auf St. Pauli gehen die Lichter aus."
Hinter den Aktionen steht ein Netzwerk aus Discothekenbetreibern, Musikern, Veranstaltern, Verbänden und anderen Betroffenen. Die von der Gema erarbeitete Neuregelung der Gebührentarife für den Veranstaltungsbereich gefährdet nach dessen Darstellung die wirtschaftliche Existenz zahlreicher Clubs, Kneipen, Tanzschulen und Volksfeste, weil es mit drastischen Preissteigerungen verbunden ist. Der Gema zufolge führen sie bei größeren Veranstaltungen zu steigenden Kosten, bei Veranstaltungen in kleinen Räumen, die wenig Eintritt kosten, aber meist zu deutlichen Preisnachlässen.
Treffen am unteren Ende
Die Betreiber der Clubs und Discos sehen sich wegen der Reformpläne in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. "Dann sind wir pleite, und zwar alle", sagte die Betreiberin des Berliner KitKatClubs, Kirsten Krüger. Momentan zahle sie pro Jahr etwa 16 000 Euro an die Gema. Nach der Reform wären es laut Krüger 228.000 Euro, was für den KitKatClub das Ende bedeuten würde. Die Gema hat allerdings immer wieder betont, dass sie maximal zehn Prozent der Einnahmen aus Eintrittsgeldern beanspruche - was im Falle des zitierten Beispiels hieße, dass der Club über zwei Millionen Euro alleine an der Tür umsetzt.
Die im April von der Gema vorgestellte Vergütungsreform soll ab 1. April 2013 gelten. Hauptvorwurf der Gema-Gegner ist, dass von der Gebührenerhöhung vor allem Produzenten-Schwergewichte wie Dieter Bohlen oder Herbert Grönemeyer profitierten. Bei den Künstlern, deren Musik in den kleinen Clubs gespielt werde, lande kaum Geld.
"Das stimmt so nicht", sagte Gema-Bezirksdirektor Schweda. Es gebe keine "Dieter-Bohlen-Steuer" oder Quersubventionierung in andere Töpfe. "Was wir in den Clubs an Musikstücken erfassen, geht auch an deren Urheber zurück." Die Clubbetreiber wiesen diese Behauptung als unwahr zurück. Ein Schiedsgericht vor dem Marken- und Patentamt (DPMA) soll zwischen den Fronten vermitteln.
Angesichts der Proteste hat die - eher wenig internetaffine Gema - angekündigt, sich stärker via soziale Netzwerke in die Debatte einzumischen. Zudem betonte die Musikverwertungsgesellschaft ihre Verhandlungsbereitschaft. "Das Letzte, was wir wollen, ist, dass ein Club wegen der Reform schließen muss", sagte der Direktor des Gema-Bezirks Berlin, Martin Schweda. Um die Interessen und Sorgen der Clubbetreiber zu berücksichtigen, müssten diese aber an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Die Clubbetreiber allerdings sehen kaum Chancen auf eine Einigung mit der Gema. Die Tarifreform zum April 2013 sei eine "unverhältnismäßige Mehrbelastung" für Clubs, die künftig bis zu 1000 Prozent höhere Gebühren abführen müssten, sagte der Sprecher der Berliner Clubcommission, Lutz Leichsenring, am Donnerstag. "Bei so einer Maximalforderung kann man sich nicht in der Mitte treffen. Da kann man sich maximal am ganz unteren Ende treffen."