Einzigartiges Winehouse-Video "Ich habe einfach nur geweint"

Amy Winehouse: Unverbraucht, klar, konzentriert
Foto: DPAAmy Winehouse steht auf der Bühne, die schwarzen Haare zum typischen Bienenkorb frisiert, dicke schwarze Striche auf den Augenlidern, dazu ein schwarzes Top und Turnschuhe. Dann erfüllt ihre Stimme den Raum, zu "Tears Dry On Their Own" wippt sie mit dem Knie, die Füße bewegen sich keinen Zentimeter voneinander weg. Als das Publikum begeistert applaudiert, schickt sie noch ein schüchternes Lächeln über die Schulter hinterher. Unverbraucht, klar, konzentriert - so hat man Amy Winehouse danach nur noch selten erlebt. Dabei kann man nur angesichts solch rarer Momente anfangen zu begreifen, welches Talent sich da vor rund einem halben Jahr mutmaßlich zu Tode soff.
In der irischen Video-Dokumentation, die SPIEGEL ONLINE exklusiv zeigt, sind Ausschnitte aus Winehouse' Auftritt in der kleinen Stadt Dingle im Südwesten Irlands zu sehen. Dort performte die Sängerin 2006 für die Show "Other Voices" vor kleinem Publikum in der St. James-Kirche - nur zwei Monate nachdem die damals 23-Jährige ihr zweites, erfolgreiches Album "Back To Black" veröffentlicht hatte. Das Videomaterial, das jetzt als Spezialausgabe der irischen Musiksendung neu aufgelegt wurde, zeigt keine Aussetzer, kein Getorkel, keine peinlichen Szenen auf der Bühne, dafür eine Ausnahme-Musikerin auf dem Höhepunkt ihrer kurzen Karriere, nur begleitet von einem Gitarristen und einem Bassisten.
In den Interview-Sequenzen der Dokumentation gibt Winehouse zudem Einblicke in ihre ersten musikalischen Schritte, ihre Idole und Wegbegleiter. Sarah Vaughan, Minnie Riperton, Mahalia Jackson oder Dinah Washington müsse man als Sängerin gehört haben - auch wenn sie, Winehouse, selbst erst eineinhalb Jahre vor ihrem Durchbruch begonnen habe, Soul zu hören. "Live sehen musst du Carleen Anderson", sagt Winehouse, "mindestens dreimal in deinem Leben." Den ganzen Tag habe sie herumgesessen, um der Anderson beim Soundcheck zuzuhören. Dann, bei "Don't Look Back In Anger": "Ich habe einfach nur geweint."
Dabei war die Britin da schon auf dem Weg, sich mit ihrer unvergleichlichen Stimme selbst ein Denkmal zu setzen. Schon ihr Debütalbum "Frank" hatte Amy Winehouse große Aufmerksamkeit beschert und wurde in Großbritannien dreimal mit Platin ausgezeichnet. Mit ihrem 2006 veröffentlichten zweiten Album "Back To Black" wurde die exzentrische Soul-Diva endgültig zum Star - und zur fünffachen Grammy-Gewinnerin. Dann folgte der langsame, aber leider stete Absturz bis hin zum völligen Verfall: Drogen, Alkohol, Medikamente. Am 23. Juli wurde Winehouse schließlich im Alter von 27 Jahren tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Einer gerichtsmedizinischen Untersuchung zufolge hatte sie zum Zeitpunkt ihres Todes 4,16 Promille Alkohol im Blut.
Erst vor wenigen Tagen wurde mit "Lioness: Hidden Treasures" eine Zusammenstellung mit bisher unveröffentlichtem Material zum geplanten dritten Album der Künstlerin von Universal Music veröffentlicht. Darunter sind bisher noch ungehörte Eigenkompositionen wie "Like Smoke" (mit dem Rapper Nas) sowie eine im November 2005 aufgenommene Balladenfassung ihres Hits "Tears Dry On Their Own", außerdem eine Demoversion des "Back To Black"-Songs "Wake Up Alone" und eine langsamere Variante ihres Hits "Valerie", den Winehouse für das Cover-Versionen-Projekt ihres Produzenten Mark Ronson aufnahm.
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