Nach Vorwürfen gegen Win Butler Sängerin Feist verlässt Arcade-Fire-Europatour

Sängerin Feist (bei einem Konzert 2018): »Übernehme Verantwortung«
Foto: David Wolff-Patrick / Redferns / Getty ImagesAm Dienstag begann die kanadische Rockband Arcade Fire in Dublin ihre Europatournee – unter ungünstigen Umständen: Tage zuvor hatte das US-Magazin »Pitchfork« von mehreren Personen berichtet , die dem Sänger der Band, Win Butler, sexuelles Fehlverhalten vorwerfen. Butler bestätigte die Kontakte, betonte aber deren Einvernehmlichkeit.
Im Vorprogramm der Arcade-Fire-Konzerte gebucht war die Sängerin Leslie Feist mit ihrer Band, die sich nur Feist nennt. Auch Feist ist seit Jahren Bestandteil einer kanadischen Indieszene, die bisher in dem Ruf stand, besonders kollegial und umsichtig miteinander umzugehen. Beim Auftritt in Dublin hing am Merchandise-Stand, wo T-Shirts und andere Fanutensilien verkauft werden, ein Zettel, wonach alle Einnahmen aus dem Verkauf von Feist-Merchandise an eine Frauenhilfsorganisation in Dublin gingen.
Feist is donating proceeds from the merch at the Arcade Fire show tonight to Women’s Aid Dublin pic.twitter.com/36Q3lyYXSL
— kevin freeburn (@KevFreeburn) August 30, 2022
Während hier kein eindeutiger Zusammenhang zu den Vorwürfen gegen Win Butler hergestellt wurde, wurde Leslie Feist zwei Tage später in einer Nachricht, die sie über ihre Social-Media-Accounts verbreitete, deutlicher.
Sie habe die Schlagzeilen zur selben Zeit gelesen wie ihre Fans, schreibt Feist. Zu diesem Zeitpunkt habe sie gerade mit ihrer Band in einem Dubliner Pub für die Europatour mit Arcade Fire geprobt. Sie sah sich in ein Dilemma gestürzt: »Auf der Tour zu bleiben, würde symbolisieren, dass ich Win Butler entweder verteidige oder die Schmerzen ignoriere, die er zugefügt hat. Die Tour zu verlassen, würde implizieren, dass ich ein Urteil über ihn fälle, Richterin und Geschworene zugleich bin.«
»Ich kann nicht weitermachen«
Feist betonte in ihrer Nachricht, dass sie die Tour niemals als Unterstützung für Arcade Fire angesehen habe, sondern nur für sich selbst, auf ihren eigenen Füßen auf der Bühne stehe: »Ich spiele für meine Band, für meine Crew, deren Liebsten und unser aller Familien, und für die Leute, die ihr hart verdientes Geld dafür bezahlen, um Teil der kollektiven Synergie zu sein, die man eine Show nennt.«
Sie benennt die vielfältigen Geschichten zwischen »toxischer Männlichkeit« über »allgegenwärtigen Frauenhass« bis zu »physischen, psychischen, emotionalen oder sexuellen Übergriffen«. Der Heilungsprozess sei schwierig, so Feist, und sie könne ihn weder durch Verlassen der Tour noch durch Bleiben lösen. Aber: »Ich kann nicht weitermachen«.
Bei den ersten beiden Auftritten vor Arcade Fire hätten ihre Songs ihr die Entscheidung abgenommen, so Feist weiter: »Ich habe immer Songs geschrieben, in denen ich meine eigenen subtilen Abweichungen benenne, nach meinem besten Selbst strebe und Verantwortung übernehme, wenn ich muss«. Nun übernehme sie diese Verantwortung: »Ich fahre nach Hause.«
Die Europatour von Arcade Fire führt im Laufe des September auch nach Deutschland: Auftritte in Berlin, Köln und München stehen auf dem Plan. Win Butler ist seit 2003 verheiratet mit seiner Bandkollegin Régine Chassagne, die sich gegenüber »Pitchfork« zu ihrem Ehemann bekannte: »Er würde niemals eine Frau ohne deren Einverständnis berühren, und ich bin sicher, dass er es nie getan hat.« In Kanada haben einige Radiosender angekündigt , Arcade-Fire-Songs aus dem Programm zu nehmen.