Flimms Staatsoper-Pläne Freude in Berlin, Empörung in Salzburg

Er soll ab 2010 die Berliner Staatsoper Unter den Linden leiten. Einziges Problem: Jürgen Flimm ist da offiziell noch in Salzburg verpflichtet. In Österreich ist man entrüstet. "Kann er sich abschminken", heißt es aus der Mozart-Stadt.

Salzburg/Berlin - Der am Montag bekanntgegebene Wechsel des Salzburger Festspielintendanten Jürgen Flimm zur Berliner Staatsoper Unter den Linden stößt in Salzburg auf heftigen Widerstand. Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden, der gleichzeitig Mitglied im Kuratorium der Festspiele der Mozartstadt ist, sagte am Montag spontan: "Das kann er sich abschminken!"

Dass Flimm bereits 2010 neuer Intendant in Berlin werde, sei absolut unakzeptabel. "Flimm hat einen gültigen Vertrag bis Ende des Festspielsommers 2011. Wenn er den nicht erfüllt, muss er sich rechtlich mit uns auseinandersetzen. Ein Konkurrenzunternehmen wie die Deutsche Oper Berlin zu leiten, halte ich für ausgeschlossen", sagte Schaden der Nachrichtenagentur APA.

Nach seinem Vertrag dürfe Flimm anderswo nur einzelne Werke als Regisseur bearbeiten oder inszenieren. Flimm selbst war am Montagnachmittag für eine Stellungnahme nicht erreichbar; das Salzburger Festspielbüro ist aufgrund der Weihnachtsferien geschlossen. Vor zwei Wochen hatte der 67-Jährige angekündigt, er wolle sich in Salzburg freistellen lassen. Der Plan für die Festspiele 2010 sei fertig, jener für 2011 fast vollendet. Zehn Jahre Salzburg seien genug, sagte Flimm nun in Berlin.

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister der Hauptstadt, hatte am Montag stolz verkündet: Der derzeitige Leiter der Salzburger Festspiele werde die seit Mitte Mai vakante Leitung des Berliner Hauses ab 1. September 2010 übernehmen.

Flimm hatte - auch mit Blick auf den sanierungsbedingten Umzug des Opernhauses in das Schillertheater - von einer "sehr aufregenden Situation" gesprochen. Generalmusikdirektor Daniel Barenboim hatte erklärt, er freue sich aus persönlichen und beruflichen Gründen sehr über die Regelung der Nachfolge von Peter Mussbach.

Klangvolle Kooperation

Nach Angaben Wowereits soll Flimm bereits ab 1. Januar nächsten Jahres gemeinsam mit dem derzeitigen kommissarischen Intendanten Ronald H. Adler beratend die Zukunft des Hauses planen und mitgestalten.

Flimm war nach eigenen Angaben vor über zwei Monaten von Kulturstaatssekretär André Schmitz kontaktiert worden. In einem Gespräch mit Barenboim und Schmitz in New York sei dann die Entscheidung für die künftige Zusammenarbeit gefallen. Mit Barenboim verbinde ihn eine in der Branche nicht übliche Zuneigung und Freundschaft, sagte Flimm. Er freue sich zudem sehr auf die Zusammenarbeit mit Adler und hoffe, dass dieser so lange wie möglich an der Staatsoper bleibe.

Der Intendantenvertrag für Flimm in Berlin umfasst eine Laufzeit von fünf Jahren. Er beinhaltet damit die 2010 beginnende Phase der Sanierung und den Wiedereinzug in die renovierte Staatsoper zur Spielzeit 2013/14. Wowereit würdigte Flimm als "herausragenden Theater- und Opernmann", der den weiterhin hervorragenden Ruf des Hauses sichere.

Flimm werde die Staatsoper in guter Zusammenarbeit mit Barenboim sicher "durch die gewiss nicht einfache Zeit der Sanierung steuern".

Zuvor war in Medienberichten auch über ein Engagement des Generalintendanten der französischen Opéra National de Lyon, Serge Dorny, in Berlin spekuliert worden. Flimms Vertrag muss laut Wowereit noch vom Stiftungsrat der Opernstiftung abgesegnet werden.

"La Traviata", gut dosiert

Über die künftige ästhetische Ausrichtung der Staatsoper hat Flimm nach eigener Aussage noch nicht entscheiden. Zunächst müsse er mit allen Beteiligten sprechen. Dann werde er sehen, wie es weitergehe. Er kündigte an, sich regelmäßig mit Vertretern der Deutschen Oper und der Komischen Oper treffen zu wollen, um Doppelungen in den Spielplänen zu verhindern. Es stelle sich die Frage, wie viele "Traviatas" Berlin brauche, so Flimm.

Mitte Mai 2008 war der damalige Intendant der Staatsoper, Mussbach, vom Stiftungsrat der Opernstiftung mit sofortiger Wirkung freigestellt worden. Hintergrund war fehlendes Einvernehmen über die künftige Ausrichtung des Gesamtbetriebs und die künstlerische Programmatik des Hauses.

Flimm war von 1985 bis 2000 Intendant des Hamburger Thalia Theaters. Von 2002 bis 2004 leitete er zunächst die Salzburger Schauspielsparte. Im Herbst 2006 übernahm er dann als Nachfolger von Peter Ruzicka die Gesamtverantwortung über die Festspiele. Flimm leitete zudem von 2005 bis 2007 die RuhrTriennale.

dan/ddp/dpa

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