Soziologe über die Faszination Gangsta-Rap "Er bedient die Sehnsucht nach all den geilen Sachen"

Soziologe Seeliger
Foto: Jörg Müller/ DER SPIEGELSie können den Artikel leider nicht mehr aufrufen. Der Link, der Ihnen geschickt wurde, ist entweder älter als 30 Tage oder der Artikel wurde bereits 10 Mal geöffnet.
Hamburgs hipper Stadtteil Sternschanze an einem Sonntagmorgen: Drinnen wird gebruncht, draußen ist es frisch. Martin Seeliger, Schnurrbart, eigene Punkband, sagt gleich zu Beginn: Er sei gar kein Rap-Fan. Auf dem Weg zum Interview habe er Udo Lindenberg gehört, er spricht auch von Udo Jürgens, zu dessen Song "Griechischer Wein" ihm einfällt: "Einfach ein krasser Song über die deutsche Migrationsgeschichte. Ein sensibler Beobachter!" Beruflich befasst sich Seeliger mit Gewerkschaften und der Regulierung von Arbeitsmärkten, aber eben auch mit Rapmusik. Zuletzt veröffentlichte er dazu im Jahr 2017 "Deutscher Gangsta-Rap II - Popkultur als Kampf um Anerkennung und Integration". Der 36-Jährige ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Sozialwissenschaften der Uni Hamburg.
SPIEGEL: Herr Seeliger, wie kamen Sie zur Rapmusik?
Seeliger: Es war im Jahr 2009, ich musste damals eine Bachelor-Arbeit schreiben – und wusste nicht worüber. Mein Freund Frank und ich hörten damals Rap, teils ironisch, aber wir fanden es auch spannend. Wir waren zwei weiße Bürgerkinder und lebten fernab von den Geschichten, die da erzählt wurden. Das faszinierte mich, vor allem der Rapper Bushido.
SPIEGEL: Bushido ist einer der bekanntesten Vertreter des deutschen Gangsta-Rap. Sie haben über das Genre Bücher veröffentlicht. Was sind dessen Merkmale?
Seeliger: Die Autoren Gabriele Klein und Malte Friedrich haben 2003 geschrieben, es gebe Party-Rap, Pimp-Rap, Polit- und Gangsta-Rap. Die Einteilung hält so nicht mehr; Rap ist diverser geworden. Es gibt mittlerweile auch Veganer-Rap und Horror-Rap, aber Gangsta-Rap an sich hat überlebt, er ist eine Unterform des Rap. Der Gangsta-Rapper an sich ist – stereotypisch gesprochen – ein gewaltaffiner junger Mann mit Migrations- und ohne Bildungshintergrund. Sein Status wird über körperliche Durchsetzungskraft und Materielles generiert, zudem besitzt er ein starkes Selbstbewusstsein, man könnte sagen: neoliberale Primärtugenden. Ich verbinde aber auch das Wettbüro damit, die Shisha-Bar, den Trainingsanzug, das ist der Lifestyle.
SPIEGEL: Was Sie nicht ansprechen, ist die Frauenfeindlichkeit, die in vielen Texten eine Rolle spielt.
Digital-Abo
Sagen, was ist.
Testen Sie das digitale Angebot und erfahren Sie, warum mehr als 400.000 Menschen den SPIEGEL abonnieren.
Mehr Perspektiven, mehr verstehen.
Freier Zugang zu allen Artikeln, Videos, Audioinhalten und Podcasts
-
Alle Artikel auf SPIEGEL.de frei zugänglich
-
DER SPIEGEL als E-Paper und in der App
-
DER SPIEGEL zum Anhören und der werktägliche Podcast SPIEGEL Daily
-
Nur € 19,99 pro Monat, jederzeit kündbar
Sie haben bereits ein Digital-Abonnement?
SPIEGEL+ wird über Ihren iTunes-Account abgewickelt und mit Kaufbestätigung bezahlt. 24 Stunden vor Ablauf verlängert sich das Abo automatisch um einen Monat zum Preis von zurzeit 19,99€. In den Einstellungen Ihres iTunes-Accounts können Sie das Abo jederzeit kündigen. Um SPIEGEL+ außerhalb dieser App zu nutzen, müssen Sie das Abo direkt nach dem Kauf mit einem SPIEGEL-ID-Konto verknüpfen. Mit dem Kauf akzeptieren Sie unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzerklärung.