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Lil Nas X Internetnerd als Superheld

aus DER SPIEGEL 38/2021
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Sony Music

Ihm ist gelungen, was kein US-Politiker geschafft hat: Das urbane und das ländliche Amerika zu vereinen – zumindest musikalisch, in Form von Rap und Country, zwei der populärsten Musikrichtungen in den USA. Lil Nas X, 22, brachte vor fast drei Jahren den nicht mal zwei Minuten langen Song »Old Town Road« raus, in dem er »Porsche« auf »horse« reimte. Der Hit stand so lange wie kein anderer Song am Stück auf Platz eins der US-amerikanischen Charts. »Zwei Gegensätze treffen aufeinander«, fasste der Musiker mal seinen Hit zusammen, der irgendwie an das erinnert, was Social-Media-Nutzer ein Meme nennen: also zum Beispiel etwas Neues, das aus der Kombination unterschiedlicher popkultureller Elemente entsteht. Das passt zu dem Digital Native Montero Lamar Hill, wie Lil Nas X eigentlich heißt, der vor seiner Musikerkarriere ein ziemlich erfolgreicher Twitterer war. Es wirkt stellenweise, als wollte Lil Nas X mit seiner Kunst den Internetnerd zum Superhelden erheben: Als wären es aufwendig produzierte Memes, verknüpfen seine Musikvideos etwa Anspielungen auf die Bibel oder auf Filme wie »Call Me By Your Name« mit seiner eigenen Geschichte – der eines jungen homosexuellen Schwarzen. Sein dieser Tage erscheinendes Debütalbum heißt wie er selbst: »Montero«. Er vermischt darauf die Musikstile, singt mal zu Akustikgitarren oder rappt zu Synthesizer-Bässen. Auch seine Texte wirken wie ein Mix – aus Zweifeln, Empowerment und (es ist schließlich Popmusik) der Liebe. Seine Ästhetik hat insgesamt etwas von einem Videospiel-Avatar, der ganz leichtfüßig sein Outfit, sein Image wechseln kann. Fast wie eine Art David Bowie für die Generation Z, eine ins Überlebensgroße gewachsene Teenager-Fantasie.

SKR
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