
Jazzmusiker Eberhard Weber: Botticelli-Engel am Bass
Jazzmusiker Eberhard Weber Botticelli-Engel am Bass
Stimmt es, dass er seinen "Reisebass" nur erfunden hat, weil ihn auf Tourneen das Schleppen des Tieftöners mehr schlauchte als das Spielen auf der Bühne? "Nein", sagt Eberhard Weber. Vor allem sei es ihm um den Klang gegangen: Ihn ärgerte, dass der Kontrabass in einer Jazzband als einziges Instrument oft nicht durchgehend zu hören sei. Und weil der traditionelle Bass die anderen Instrumente brummend überdecke, wenn man den Verstärker zu weit aufdrehe, habe er seinen Spezialbass entwickelt: "Ein elektro-akustisches Instrument mit zusätzlicher C-Saite und besonderem Pick-up-System, mit dem er extrem lange, helle, singende Töne hervorbringt" ("Reclams Jazzlexikon").
Weber brauchte diese Töne, denn er versteht sich als Instrumentalist, der - wie er sagt - "manchmal Bassfunktion, manchmal Melodiefunktion hat".
Sein neuer Sound faszinierte in den siebziger Jahren die Jazzwelt. Vorwärts denkende US-Stars wie Pat Metheny und Gary Burton holten den Deutschen in ihre Bands. Doch der Stuttgarter Sohn eines Musiklehrers, der vor dem Kontrabass Cello gelernt hatte, fühlte sich eher europäischer Musiktradition verpflichtet als dem amerikanischen Jazz.
Um seine künstlerischen Vorstellungen zu verwirklichen, suchte er eine eigene Band. Mit Rainer Brüninghaus (Piano, Keyboards, Synthesizer), Charlie Mariano (Sopransaxofon, Flöten) und dem Schlagzeuger Jon Christensen (später John Marshall) fand Weber die idealen Mitspieler. Er nannte sein Quartetts "Colours" - passend zu seiner durch pastellartige Klangflächen bestimmten Musik.
"Im Schummerlicht zwischen Jazz und E-Musik"
Michael Naura verortete den Weber-Sound "im seltsamen Schummerlicht zwischen Jazz und E-Musik"; der langjährige NDR-Jazz-Chef beschrieb die Zuhörerschaft von "Colours": "Da sind jene, denen die Ekstasen des modernen Jazz zu anstrengend sind; da sind die Müslis, die zu ihrer fleischlosen Kost eine musikalische Entsprechung suchen; und da sind einige aus dem Lager der symphonischen Musik, die sich an der Emotionalität von Jazzkonzerten wärmen möchten." Wie auch immer: "Colours" wurde eine der erfolgreichsten Bands in Europa.
Eberhard Weber blieb seiner musikalischen Richtung treu, als er 1982 "Colours" auflöste und festes Mitglied der Jan Garbarek Group wurde. Er spielte zudem im United Jazz & Rock Ensemble und gab Solo-Konzerte - bis er im April 2007 von einem Schlaganfall getroffen wurde. Seitdem lebt er vorwiegend in seinem Feriendomizil in Frankreich. Dass es ihm wieder besser geht und er immer noch einem in die Jahre gekommenen Botticelli-Engel ähnelt, erlebten die Besucher des Berliner Jazzfestes am 6. November. Da bedankte sich der agile Schwabe mit einer spritzigen Rede für den Deutschen Jazz Preis.
Weber wird am 22. Januar 70. Doch sein Lebenswerk ist keineswegs abgeschlossen: Er komponiert und arbeitet an einem neuen Projekt.
Eberhard Weber: "Colours" (ECM, 3-CD-Set).