Eklat in Kölner Philharmonie "Das war kein Rassismus"

Bei einem Konzert in Köln wurde ein iranischer Musiker zum Abbruch seines Spiels gezwungen, die Besucher pöbelten. In den sozialen Netzen verbreitete sich schnell Empörung über Rassismus. Was genau war da los?

In Köln wurde wegen heftiger Reaktionen im Publikum ein klassisches Konzert abgebrochen. Offenbar waren die Zuhörer mit dem Stück "Piano Phase" von Steve Reich so überfordert, dass sie die Musiker durch lautes Klatschen und Buhrufen zum Aufhören zwangen. Einige Gäste verließen daraufhin den Saal.

Dargeboten wurde in der Kölner Philharmonie ein Programm des Veranstalters Concerto Köln , das zwar seit Langem angekündigt war, aber auch etwas ungewohnte Stücke enthielt. Neben Werken von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach wurde auch zeitgenössische Musik interpretiert. Unter anderem das 16 Minuten dauernde Stück von Steve Reich aus dem Jahr 1967, ein minimalistisches Werk, bei dem wiederholende Tonfolgen aus nur wenigen Tönen in verschiedenen Tempi immer neue Klangeindrücke entstehen lassen.

Der aus Iran stammende Musiker Mahan Esfahani spielte an diesem Abend das Cembalo - der 31-Jährige gehört zu den besten Cembalisten unserer Zeit. Als das Publikum zu laut wurde, unterbrach Esfahani sein Spiel und fragte auf Englisch: "Wovor haben Sie Angst?", daraufhin brüllte jemand im Saal: "Reden Sie doch gefälligst auf Deutsch!"

In den sozialen Netzwerken herrscht seitdem Empörung, Tenor: Da wird rassistisch gepöbelt im gutbürgerlichen Konzertsaal!

Der Veranstalter ist ebenfalls erschüttert. "Es war eigentlich ein gutes Konzert, und der Zwischenfall lässt uns fassungslos zurück", sagt Geschäftsführer Jochen Schäfsmeier. Einen fremdenfeindlichen Hintergrund sieht er aber nicht. "Die Ablehnung wandte sich nicht gegen Mahan Esfahani als Person. In den sozialen Medien sieht es jetzt so aus, aber das habe ich nicht so bemerkt. Hätte er Händel gespielt, wäre das nicht passiert."

Das Publikum sei mit der anspruchsvollen Musik schlicht überfordert gewesen, so Schäfsmeier. Eine kleine Minderheit habe ihrem Unverständnis Luft machen wollen und dabei "Mangel an Respekt und Benehmen" bewiesen. Auf der Facebook-Seite  schrieb der Veranstalter: "Es kann nicht sein, dass ein kleiner Teil des Publikums den Genuss aller anderen stört und zerstört."

Dieser Abend hat trotzdem Konsequenzen für den Veranstalter. "Wir wollen ja weiterhin nicht nur Bach und Mozart, sondern auch ausgefallenere Programme anbieten. Müssen wir auf schwierigere Stücke in Zukunft gesondert hinweisen, um solche Zwischenfälle zu vermeiden?", fragt sich Schäfsmeier.

Concerto Köln hat Mahan Esfahani gleich noch mal eingeladen. Er wird "Piano Phase" am 1. März 2017 erneut in der Philharmonie spielen.

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