Ausstellung in New York Götter, Gaga und Gitarren
Don Felder zog 1968 nach New York. "In der einen Hand trug ich eine Gitarre und in der anderen einen Koffer", erinnert sich das Ex-Mitglied der legendären Eagles. Seinen gesamten ersten Tag in der Stadt verbrachte er im Metropolitan Museum of Art, wo der Jungrocker durch die endlosen Säle mit antiken Meisterwerken wanderte.
Ein halbes Jahrhundert später steht Felder, inzwischen 71, in einem überdachten Innenhof des Met, zwischen Marmorstatuen von Degas und Rodin. Doch diesmal ist er selbst ein Ehrengast: "Das", murmelt Felder sichtlich ergriffen, "hätte ich mir nie träumen lassen."
Zwischen den beiden Met-Besuchen Felders liegt Musikgeschichte. Von 1974 bis 2001 war er der Leadgitarrist der Eagles und schrieb einige ihrer frühen Rockhits - allen voran "Hotel California" mit seinem wohl berühmtesten Gitarrensolo der Welt.
Felder hat die E-Gitarre umgehängt, mit der er den Song 1977 aufnahm, eine Gibson EDS-1275 mit Doppelhals. "Im Prinzip sind das zwei zusammengeklebte Gitarren", sagt er. Dann setzt er an - und "Hotel California", die Ode an die Exzesse der Siebziger, schallt durch die Hallen des Met, des Tempels der bildenden Künste.
And for the finale of this awesome program — a special performance of “Hotel California” by @donfelder! 🎶 #MetRockandRoll pic.twitter.com/3i9ZUCawhG
— The Metropolitan Museum of Art (@metmuseum) April 1, 2019
Der Moment macht Gänsehaut, und nicht nur den vielen Besuchern, die sich gerade zufällig im Met finden. Die optische und akustische Verschmelzung von alt und jung, erhaben und wild, Mainstream und Rebellion adelt die Rockmusik - und ihre Urform Rock'n'Roll - selbst endgültig zur hohen Kunst.
"Rock'n'Roll ist die künstlerischste Bewegung des 20. Jahrhunderts", sagt Max Hollein, der aus Österreich stammende Met-Direktor. "Seine Instrumente sind ikonische Artefakte, und wir feiern sie als einzigartige Werkzeuge der Innovation."
Deshalb verschwindet Felders Gibson EDS-1275 auch gleich wieder hinter Glas, in einer klimatisierten Vitrine im Südflügel des Met. Hier eröffnet am Montag die erste Museumsausstellung überhaupt, die sich ausschließlich den Instrumenten des Rock'n'Roll und Rocks widmet - meist Gitarren, aber auch Schlagzeuge, Keyboards und Synthesizer, die mit ihrem Klang und ihrer oft schrill-prägnanten Optik ganze Generationen begeisterten und, soviel ist längst klar, die Welt veränderten.
Mehr als 130 Exponate aus den Jahren 1939 bis 2017 hat Kurator Jayson Dobney zusammengetragen. Viele tragen Spitznamen ("Frankenstein", "Wolf", "Melody Maker") und stammen aus dem Privatbesitz von Stars wie Paul McCartney, Eric Clapton und Bob Dylan. Andere besorgte die Rock and Roll Hall of Fame, die die Show mitorganisiert hat.
Für Met-Chef Hollein, der seinen Job erst im vorigen Herbst antrat und selbst für Punkrock schwärmt, erfüllt sich damit ein privater Traum - und ein professionelles Ziel: Er hat sich vorgenommen, das 148-jährige Met mal gründlich abzustauben.
So tritt man von einem hellen Saal, in dem das Met altgriechische und römische Kunst präsentiert, direkt in eine schummrige Flucht aus sieben Galerien, wie in das Labyrinth eines Rockclubs. Aus versteckten Boxen dröhnt der unverwechselbare Soundtrack des 20. Jahrhunderts: "Great Balls of Fire", "Gimme Shelter", "I Want to Hold Your Hand", "Fire on the Mountain".
Die Show zeichnet die Entstehung dieses Soundtracks anhand der Instrumente und ihrer Meister nach, von den ersten "Guitar Gods" bis zu ihren heutigen Erben.
Einige Highlights:
- Jerry Lee Lewis' Stutzflügel von 1955, der bis 2017 in seinem Haus stand.
- Chuck Berrys E-Gitarre, mit der er 1958 "Johnny B. Goode" aufnahm. Mit ihr prägte Berry den Rock'n'Roll.
- Muddy Waters' Gitarre "The Hoss", auf der er von 1958 bis zu seinem Tod 1983 spielte.
- Ringo Starrs erstes Schlagzeug der US-Marke Ludwig, das er 1963 kaufte.
- John Lennons 12-saitige Rickenbacker, die er 1964 bei der ersten USA-Tournee der Beatles spielte und deren Töne am Anfang von "Ticket to Ride" zu hören ist.
- Jimi Hendrix' spitze E-Gitarre "Love Drops" von 1967, die er selbst dekorierte. Hendrix' weiße Stratocaster, auf der er 1969 beim Woodstock-Festival aus Protest gegen den Vietnamkrieg seine radikale Version der US-Nationalhymne anstimmte.
- Keith Emersons Moog-Synthesizer, den er 1970 auf eine Hammondorgel baute.
- Eric Claptons "Blackie" (1973), seine berühmte Gitarre, die er aus den Resten alter Stratocaster zusammenbauen ließ.
- Jerry Garcias "Wolf", mit der er von 1973 bis 1979 mit den Grateful Dead auftrat.
- Eddie Van Halens "Frankenstein", seine Lieblingsgitarre, die er 1975 selbst baute und bemalte. Bekannt vor allem durch Van Halens legendäres Solo "Eruption".
- Joan Jetts "Melody Maker" (1977), mit der sie "I Love Rock 'n' Roll" und "Bad Reputation" einspielte.
- Mehrere Gitarren von Prince, darunter eine von 1993 in der Form seines ikonischen "Love Symbols".
- Ein futuristisch-eckiger, weißer, von innen beleuchteter Flügel aus Acryl, an dem Lady Gaga 2014 in der "Tonight Show" saß.
"Play It Loud: Instruments of Rock & Roll" läuft vom 8. April bis 1. Oktober im Metropolitan Museum of Art in New York .