Grundsatzurteil zu Moses Pelham vs. Kraftwerk Sampling ist gestattet - manchmal

Moses Pelham hat eine Musiksequenz von Kraftwerk genutzt und wurde deshalb von der Band verklagt. Der Europäische Gerichtshof hat sich jetzt auf Pelhams Seite gestellt - aber zugleich die Grenzen des Erlaubten definiert.
Moses Pelham liegt seit Jahren mit der Gruppe Kraftwerk im Clinch

Moses Pelham liegt seit Jahren mit der Gruppe Kraftwerk im Clinch

Foto: Eibner/ imago images

Musiksampling , also das Entnehmen von Auszügen aus einem Stück für eine neue Komposition, kann ohne Einwilligung des Herstellers gegen dessen Urheberrechte verstoßen. Ist es allerdings abgeändert und "beim Hören nicht wiedererkennbar", ist die Kunstfreiheit höher zu bewerten und das Sampling erlaubt. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt in einem Grundsatzurteil entschieden.

Anlass war der jahrelange Rechtsstreit zwischen der Elektrogruppe Kraftwerk und dem Hip-Hop-Produzenten Moses Pelham. Dieser hatte 1997 eine Sequenz aus deren Stück "Metall auf Metall" verwendet und in veränderter Form als Endlosschleife unter das Stück "Nur mir" der Rapperin Sabrina Setlur gelegt. Pelham sagte, er habe das Stück, als er nach einem kalten Kontrast zu Setlurs Gesang suchte, in seinem Tonarchiv gefunden - und nicht mal gewusst, wie das Original hieß. In dem Stück wird es überlagert von E-Gitarren und Hip-Hop-Beats.

Die Kraftwerk-Musiker Ralf Hütter und Florian Schneider-Esleben sahen durch das Sample ihre Rechte verletzt und verklagten Pelham daraufhin auf Unterlassung, Schadensersatz und Herausgabe der Tonträger - um sie zu vernichten.

Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) war Kraftwerk zunächst erfolgreich. Allerdings hob das Bundesverfassungsgericht das Urteil 2016 auf und verwies auf das Gut der Kunstfreiheit. Es gab den Fall zurück an den BGH, der ihn schließlich dem EuGH zur Einschätzung vorlegte.

Nutzung von Fragmenten für neues Werk erlaubt

Der EuGH befand nun, dass eine Vervielfältigung auch eines sehr kurzen Fragments grundsätzlich in das "ausschließliche Recht des Tonträgerherstellers fällt". Daher ist es dem Hersteller auch gestattet, die Vervielfältigung ganz oder teilweise zu erlauben - oder eben zu verbieten. Aber: Der EuGH sieht keinen Verstoß gegen das Urheberrecht, wenn ein Nutzer "in Ausübung seiner Kunstfreiheit" ein Fragment entnimmt, um es "in geänderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form" in ein neues Werk einzufügen. So wie im Falle von Pelhams Stück "Nur mir".

Der EuGH sieht in dem Song keine Kopie, denn es würden nur Musikfragmente in geänderter Form übernommen, um ein "neues und davon unabhängiges Werk zu schaffen". In diesem Fall ist demnach auch keine Zustimmung des Tonträgerherstellers nötig.

Abschließend muss den konkreten Fall Kraftwerk gegen Pelham allerdings der BGH entscheiden - und dabei die Entscheidung des EuGH berücksichtigen.

evh/AFP/dpa
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