Nach 111 Jahren Philadelphia Orchestra ist pleite

Es zählt zu den berühmtesten Orchestern der Welt, doch auch das nützte am Ende nichts mehr: Das Philadelphia Orchestra hat Konkurs angemeldet. Konzerte wird es dennoch weiter geben.

Philadelphia - Die Musiker protestierten auf ihre Weise: Während in einer Rechtsanwaltkanzlei über die Zukunft des Philadelphia Orchestra entschieden wurde, spielte vor der Tür ein Streichquartett Stücke von Schubert und Mozart. Dennoch stimmte der Vorstand des Orchesters einem Konkursverfahren zu, wie die Zeitung "Philadelphia Inquirer" am Sonntag berichtete.

Damit muss sich laut der Zeitung erstmals ein großes US-Ensemble einem Konkursverfahren unterziehen. Der Grund ist laut einem Vorstandsmitglied ein "fantastisches Ungleichgewicht" zwischen Einkommen und Ausgaben des Orchesters. Die Musiker hatten sich gegen das Konkursverfahren ausgesprochen. Er sei über den Schritt "entsetzt", schrieb Chef-Dirigent Charles Dutoit in einem Brief an das Ensemble.

Auch Zuhörer zeigten sich betroffen. Das 111 Jahre alte Ensemble gehört zu den berühmtesten Orchestern der Welt, bis 2008 wurde es von dem deutschen Dirigenten Christoph Eschenbach geleitet. "Seien wir ehrlich", zitiert der "Inquirer" einen Anhänger. "Es gibt nur noch sehr wenige Dinge von Weltklasse in Philadelphia. Das Philadelphia Orchestra steht dabei ganz oben."

Das Orchester wird jedoch auch weiterhin Konzerte geben. Grund ist das sogenannte Chapter-11-Verfahren des US-Insolvenzrechts, nach dem der Konkurs beantragt wurde. Dieses gewährt einem insolventen Unternehmen vorübergehenden Schutz vor den Forderungen von Gläubigern, um sich zu reorganisieren und sanieren. Auch der US-Autokonzern General Motors beantragte während der Wirtschaftskrise Insolvenz nach Chapter 11, inzwischen ist er wieder profitabel.

Die Juraprofessorin Marie Reilly lobte im Inquirer denn auch die Chancen des Insolvenzverfahrens: "Das Schöne an Chapter 11, was es so interessant macht, ist, dass Anwälte und alle anderen eine maßgeschneiderte Lösung finden können", sagte Reilly. "Es ist so, wie ein Musikstück in Auftrag zu geben. Man schafft eine Symphonie, die für diese Gruppe von Leuten passt."

dab/dpa

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