Olivia Rodrigo Zurück in die Zukunft

Stefan Kohli
Tief sitzende Jeans und Schultertäschchen, Hochsteckfrisuren und Strasssteine – die Mode der frühen Nullerjahre ist längst wieder da. Jetzt gibt es auch einen Soundtrack, zu dem man in den Juicy-Couture-Samtanzug schlüpfen kann: »Sour« von Olivia Rodrigo, 18. Die erste Platte der Singer-Songwriterin hört sich an, als hätten Avril Lavigne, Taylor Swift und Billie Eilish gemeinsame Sache gemacht. Mal wütend, mal traurig, eifersüchtig und ängstlich wispert und schreit Rodrigo auf dem Album über alles, was 18-Jährige eben so bewegt. Meistens, klar, die Liebe und das Erwachsenwerden und den Schmerz, den häufig beides bereitet. »Ich bin einfach besessen von Gefühlen. Ich bin die sensibelste Bitch der ganzen Welt«, sagte Rodrigo neulich in einem Interview. Jüngeren Zuschauern ist sie durch die Disney-Serie »High School Musical: Das Musical« bekannt.
Doch im Gegensatz zu Vorgängerinnen wie Miley Cyrus interessiert ihre Musik nicht bloß Teenager von heute, sondern auch die von gestern. Bereits mit ihrer ersten, bittersüßen Single »Drivers License« brach sie einige Streamingrekorde, auch ihr Album kletterte sofort auf den ersten Platz der US-Charts – und vor allem Millennials twittern sich wie in Ekstase fast die Finger wund. Vielleicht weil Rodrigos emotionsgeladener Highschool-Pop-Rock an die eigene Jugend erinnert, vielleicht weil man sich in der Pandemiezeit ohnehin nach Unbeschwertheit sehnt. Oder weil man endlich eine musikalische Begleitung für den babyblauen Lidschatten von 2002 hat.