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Pop!: Das Publikum ist gewarnt

Foto: Michael Buckner/ Getty Images

Pop! Auf die zwölf

Eine reine Weste im Musikbusiness? Schwer möglich! Ian Brown, Robbie Furze und Keith Richards hauen sich auf Konzertbühnen. Katy Perry dagegen hat ganz andere Jugendsünden zu bieten, als sie in "I Kissed A Girl" besingt: In ihrem Frühwerk findet sich evangelikaler Pop.

Bühnen-Scharmützel

Wie der Fan auf die Bühne kam, ist nicht mehr zu ermitteln, was er zu mäkeln hatte, wird auch ein Geheimnis bleiben. Brit-Pop-Hooligan Ian Brown jedenfalls wurde handgreiflich; auch seine Musikerkollegen und eine ganze Gang von Ordnern prügelten auf den aufmüpfigen Konzertbesucher ein. Eine irritierende Szene, die bei YouTube gespeichert ist und eine düstere Pop-Tradition fortführt, denn Bühnen-Scharmützel gehören zum Konzertalltag wie Gitarrensoli und verdünntes Fassbier. Schwer zu sagen, wann das mal anfing, aber in den sechziger Jahren gingen bereits die Kinks-Brüder Ray und Dave Davies bei Konzerten regelmäßig aufeinander los. Und jüngst schickte Robbie Furze von den gefeierten Hipstern The Big Pink einen Fan mit einem massiven Hieb von der Bühne zurück ins Publikum. Eine bizarre Clip-Sammlung solcher Ausfälle ist derzeit auf der Internetseite des britischen Fachblattes "New Musical Express"  zu begutachten, darunter Handgemenge mit Keith Richards, Wilco, Tool und selbstverständlich Guns N' Roses. Dass solcher Quatsch auch Folgen haben kann, musste gerade ein 48-jähriger Kanadier erfahren, der letztes Jahr bei einem Oasis-Konzert Noel Gallagher umrammte und nun zu einem Jahr Hausarrest verurteilt wurde.

Leck geschlagen

Vielleicht fühlte sich irgendwer verraten und war bitter enttäuscht, wie am Ende einer langen Beziehung. Fest steht, dass Paul McCartney sich gerade die Rechte an all seinen Solowerken vom angeschlagenen EMI-Konzern zurückholte und an eine andere Firma weitergab, die ab Herbst mit restaurierten Neuauflagen startet. Vielleicht ist es auch Zufall, aber nur einen Tag nach Bekanntwerden des Deals landeten 65 unveröffentlichte McCartney-Songs im Netz: vier Stunden Musik aus gewöhnlich gut gesicherten Archiven, die nun die Blogs vor Aufregung erbeben lassen. Toll klingende Skizzen, Probeaufnahmen und verworfene Lieder von 1971 bis 1987: Outtakes von "Tug of War", Demo-Aufnahmen mit Elvis Costello, Überbleibsel der Wings oder verlorene Songs wie "Suicide". Also Unbekanntes und Bekanntes in ungehörten Variationen. Bislang galt McCartney als glühender Liebhaber der Blog-Kultur. Über diesen Online-Wirbel dürfte er weniger glücklich sein.

Jugendsünden

Der Beatles-Song "The Fool on the Hill" auf Isländisch? Geträllert und am Klavier geklimpert von einer elfjährigen namens Björk Gudmunsdottir? Unvorstellbar? Aber wahr! Dank des Internets ist (fast) jede Jugendsünde für alle Ewigkeiten abrufbar. Eine Liste mit absurden Frühwerken späterer Bestseller-Künstler ist nun bei Spinner.com  zu bestaunen: Heavy Metal von Billy Joel, evangelikaler Pop von Katy-"I Kissed A Girl (And I liked It)"-Perry, Hippie-Folk von Blondies Debbie Harry und so weiter. Das Kinderalbum von Björk ist heute übrigens so wertvoll wie ein Reihenhaus. Neuauflagen verbietet die erwachsene Künstlerin.

Pop wie er im Buche steht

Eigentlich war es überfällig: Einer, der sich so ausgiebig und leidenschaftlich über Pop geäußert hat wie der britische Schriftsteller Nick Hornby, musste sich irgendwann einmal an eigene Musik wagen. Mit dem amerikanischen Piano-Randalierer Ben Folds hat Hornby nun tatsächlich ein Album eingespielt. Die Idee dazu kam wohl nach einem gemeinsamen Abendessen im Hause Hornby, wo sich die beiden zu später Stunde am Familienklavier vergnügten. Hornby lieferte die Texte, Folds addierte die Melodien. Erscheinen soll das Werk noch in diesem Jahr.

Hausmusik

Auch diese Kooperation lag nahe, immerhin ist die amerikanische Regisseurin Sofia Coppola mit dem Franzosen Thomas Mars von der allseits beklatschten Band Phoenix verheiratet. Nun ist bekannt geworden, dass Phoenix den Soundtrack für den im Herbst erwarteten neuen Coppola-Film "Somewhere" beisteuern. Gerüchte, dass die Regisseurin singt, bleiben unbestätigt.

Lärmende Maschinen

Zu den rätselhafteren Platten der Popgeschichte gehört Lou Reeds "Metal Machine Music". Ein 1975 veröffentlichtes Doppelalbum, das für unvorbereitete Ohren nur Krach enthält: Gitarren-Rückkopplungen und gottweißwas für infernalisches Getöse. Uneasy Listening sozusagen, keine Musik, die man zum Essen hört. Ob der düstere Kauz Lou Reed das als Scherz sah, als höhnische Vertragserfüllung oder als radikales Klangexperiment, ist ungeklärt. Dass sich der Lärm hunderttausendfach verkaufte, ist irre. Dass Lou-Reed-Verehrer wie Sonic Youth und TV On The Radio den Krach sampelten, passt. Nun geht der 68-jährige Lou Reed tatsächlich mit seiner "Metal Machine Music" auf Tournee. Das Publikum ist gewarnt.

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