
Pop!: Her mit dem Geld, weg mit dem Gewissen!
Pop! Her mit dem Geld, weg mit dem Gewissen!
Verrat?
Wo beginnt die Integrität im Rock'n'Roll - und wo endet sie? Diese ewige Frage wird dieser Tage mal wieder beherzt am Beispiel von The Smiths verhandelt. Die vier Heiligen des Brit-Pop, insbesondere ihr ehemaliger Sänger Morrissey, gelten vielen ihrer Verehrer als Paradebeispiel für ein korrektes Weltbild: Kapitalismus verdammen, Fleisch verteufeln und so weiter. Aber nicht nur die Banken wanken, sondern auch die Überzeugungen, denn die Herren Morrissey und Marr, Autoren aller Smiths-Klassiker, haben ihren Song "Please, Please, Please, Let Me Get What I Want" dem englischen Bekleidungsgroßhändler John Lewis zur Nutzung in einem Weihnachts-Werbespot überlassen. Seit das bekannt wurde, streiten Fans, wie in einem Online-Beitrag vom britischen "Guardian" dokumentiert, erbittert darüber, ob das Verrat sei oder einfach nur konsequenter Kapitalismus. Büßt ein Song durch Werbung seine "Seele" ein, oder ist das herzlich egal? Trost spenden den erschütterten Smiths-Fans vielleicht leidgeprüfte Bob-Dylan-Verehrer. Immerhin überließ "His Bobness", unberechenbar wie immer, seinen Song "Love Sick" den Reizwäsche-Giganten von "Victoria's Secret".
Leck?
Mit Musik sorgte Madonna zuletzt kaum noch für Aufsehen. Anstatt die Charts aufzurollen, musste Frau Ciccone sich mit Scheidung, Adoptionen und Yoga-Studios abplagen. Dass die Queen of Pop auf ihrem kommenden Album mal wieder mit Hits punkten muss, dürfte ihr selbst am dringlichsten bewusst sein. Die mit Spannung erwartete erste Single daraus sollte im Februar präsentiert werden. Aber - potzblitz - nun ist "Give Me All Your Love" geleakt, eingesickert in die Blogs des weltweiten Netzes. Wer weiß, wie Google funktioniert, wird den Song mit wenigen Klicks finden. Die Empörung darüber scheint sich aber im Madonna-Lager in Grenzen zu halten, was die Vermutung nahelegt, dass man über die Aufmerksamkeit für ihre Musik nicht unglücklich ist. Schnippische Menschen behaupten gar, dass die Künstlerin selber bei der Verbreitung nachgeholfen habe. Fakt ist, und das ist die wahre Überraschung, dass der neue Madonna-Song toll ist: schlicht, schnell und herrlich eingängig. Also alles das, was Madonna lange nicht mehr gelungen ist. Wenn sie damit vorab ein wenig Staub aufwirbelt, passt das auch ins Bild. Könnte sein, dass das Leck größer wird und das ganze Album nach und nach ins Internet tröpfelt.
Fehlentscheidung?
Manche Welthits drehten einige Runden, bevor sich ein Abnehmer fand. So wie der spätere Simple-Minds-Bestseller "Don't You (Forget About Me)", den vorher Billy Idol und Bryan Ferry dankend ablehnten. Oder Blondies "Call Me", das Giorgio Moroder eigentlich für die Fleetwood-Mac-Fee Stevie Nicks verfasste. Und "Telephone", das Britney Spears zu läppisch fand und Lady Gaga überließ. Eine unterhaltsame Top Ten solcher Fehlentscheidungen bietet nun die Internet-Ausgabe des "NME" . Wobei man so manches Lied gern in der geplanten Version gehört hätte. Allein die Vorstellung von Elvis, der Bowies "Golden Years" singt, ist grandios.
Ungeschminkt?
Viele Straßen, Ecken und Gebäude haben sich durch Plattenhüllen tief ins kollektive Bewusstsein eingeprägt: Die Londoner Einkaufsstraße in Soho, die auf der Hülle des Oasis-Albums "(What's The Story) Morning Glory?" verewigt ist. Der Abbey-Road-Zebrastreifen der Beatles, das "Animals"-Kraftwerk von Pink Floyd oder die Straßenecke auf dem Beastie-Boys-Klassiker "Paul's Boutique". Nun hat jemand mit zu viel Zeit all diese Orte via "Google Maps" lokalisiert, mit den entsprechenden Plattenhüllen gekoppelt und ins Netz gestellt . Ein kurzweiliges Vergnügen, wenn man Zeit totschlagen möchte.
Lebensretter?
Auch viele unnötige, aber unterhaltsame Listen offeriert der Blog "Ten Songs That Saved Your Life". Da verraten Künstler aus den Kategorien "Art", "Fashion", "Cinema", "Dance", "Photo" und selbstverständlich "Music" Lieder, die ihnen besonders viel bedeuten. Nach Kunst- und Pop-Prominenz wie Hans-Ulrich Obrist, Richard Kern, Sonic Boom, Robert Wyatt und Terence Koh listet auch das hippe Pariser Electro-Duo Justice lebensrettende Songs von den Beach Boys bis 10 CC auf.