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Pop!: Kentucky-Fried-Schwachsinn

Foto: Ian Gavan/ Getty Images

Pop! Kentucky-Fried-Schwachsinn

Auf die Exzentriker des Pop ist Verlass: Der militante Vegetarier Morrissey irritiert mit unglücklichen Vergleichen, Björk ruft zur Piraterie auf. Und Pablo Dylan feiert seinen Opa Bob als Rapper der ersten Stunde.

Schweinerei

Der gute alte "Mozzer", wie Steven Patrick Morrissey von seinen ergebenen Fans tituliert wird, sorgt seit einigen Jahren eher mit merkwürdigem Gehabe als mit Musik für Aufsehen. Daran hatte man sich gewöhnt, aber in letzter Zeit scheint der 52-Jährige auszuloten, wie weit man als Exzentriker gehen kann. So ließ der fanatische Vegetarier jüngst Besucher seiner Konzerte von Sicherheitskräften auf Fleischprodukte hin filzen, also auf mitgebrachte Wurstbrötchen, Hamburger und ähnliche Schweinereien, die bei Entdeckung entsorgt wurden. So weit, so bizarr. Nun aber scheint Mozzer auch bei seinen Getreuen die Toleranz überstrapaziert zu haben, als er die Tragödie von Oslo bei einem Konzert in Warschau von der Bühne aus kommentierte. Kurz bevor er den Song "Meat is Murder" seiner ehemaligen Band The Smiths anstimmte, verkündete Morrissey, dass die Toten von Norwegen "nichts im Vergleich dazu seien, was täglich bei McDonald's und Kentucky Fried Chicken" passiere.

Ein gewisses Unverständnis dürfte der Brite erwartet haben, aber vermutlich hat er die Welle der Empörung, die seine Worte auslösten, doch unterschätzt; denn seitdem wird in Online-Foren gestritten, ob Morrissey mittlerweile auch die letzten guten Geister verlassen haben. Wobei die meisten Fans wohl dem Kommentatoren beipflichten würden, der schrieb: "Ich weiß nicht, ob so eine Geschmacklosigkeit noch entschuldbar ist? Oder dem Ruf der Vegetarier gut tut?"

Auf der Morrissey Fan-Seite True-To-You.net , die dem Künstler regelmäßig als Online-Sprachrohr gilt, legte er nun eine Art Rechtfertigung nach: "Wenn man zurecht von den Toten in Norwegen erschüttert ist, liegt das an dem Schrecken, der mit dem Mord an jedem unschuldigen Lebewesen einhergeht. Man kann aber das Leiden von Tieren nicht einfach ignorieren, weil sie 'nicht-wie-wir' sind." Die Debatte dürfte weitergehen.

Hackerei

Ähnlich unberechenbar wie Morrissey führt sich oft auch seine isländische Kollegin Björk Gudmundsdottir auf. Deren neues Werk "Biophilia" soll im September erscheinen und Maßstäbe setzen, was die Verschmelzung von Musik und Technik angeht. Genau genommen ließ Björk für das zehn Songs umfassendes Album in Zusammenarbeit mit Apple ebenso viele Apps entwickeln, die sie gerade in Manchester einem staunenden Publikum präsentierte. Nun werden die Apple-Oberen mit Erstaunen zur Kenntnis genommen haben, dass Björk davon ausgeht, dass diese kostspieligen Spielereien auch auf allen Apple-Konkurrenzprodukten laufen sollen - für lau. Dem Blog "Drowned in Sound"  verriet sie: "Ich sollte das wohl nicht sagen, aber ich vertraue darauf, dass die Piraten da draußen sich nicht die Hände fesseln lassen..., denn als wir die Programme schrieben, sorgten wir dafür, dass sie für andere Systeme umgearbeitet werden können." Fragt sich nur, ob sich auch noch genug Leute für die Musik hinter den Apps interessieren.

Zettelwirtschaft

So alt wie der Job des Plattenauflegers sind die Wünsche, Forderungen und Befehle seines Publikums. Die werden der Einfachheit halber gern mal schriftlich vorgetragen. Ein DJ namens Mick Fiction aus L. A. sammelt seit Jahren die Zettelchen, die ihm bei seinen Einsätzen gereicht werden oder die er von Kollegen findet. In seinem unterhaltsamen Blog "No Breast no Requests"  macht er die besten Fundstücke abfotografiert einem großen Publikum zugängig: Dass Britney Spears den Blog-Betreiber mal anwies: "Play some Madonna or Old School MJ" ist nur halb interessant. Vergnüglicher sind Botschaften wie: "If you are dancing in a way that could create a Baby/ Fetus/ Alien... STOP", aus einem christlichen Tanzlokal in Nashville. Ein kurioser Spaß.

Verwandtschaft

Bob Dylan ist mittlerweile in einem Alter, in dem seine Enkel ins Rampenlicht drängen. So wie Pablo Dylan, der Sohn von Jesse Dylan, einem Videoclip-Regisseur. Der 15-jährige Pablo will als Rapper groß rauskommen und hat schon mal einen Zehn-Minuten-Mix ins Netz gestellt, der mehr als 50.000 Mal angeklickt wurde. Seinen Opa hält Pablo als Urvater aller Rapper in Ehren: "Er war der Jay-Z seiner Zeit", verkündet der Enkel ehrfürchtig in einem Interview .

Geschenkt

Gern und oft wird darüber gejammert, wieviel Musik via Internet geklaut werde. Unter den Tisch fällt meist, wie viele tolle Songs ganz legal dort verschenkt werden. Der feine Blog Stereogum  zum Beispiel, bietet derzeit gratis das Tribut-Album "Stroked" an. Dort verneigen sich Kräfte wie Peter, Björn & John oder Owen Pallett (Final Fantasy) vor dem längst als Klassiker geltenden Debüt-Album der einstigen New Yorker Vorzeige-Hipster The Strokes. Das ist tausendmal interessanter als alle anderen Alben, die The Strokes seitdem selbst veröffentlichten.

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