Anti-Israel-Kampagne Grütters kritisiert Boykott-Aufruf gegen Pop-Festival

Und alles wegen 500 Euro aus Israel: Kulturstaatsministerin Grütters hat eine Boykott-Kampagne gegen das Berliner Pop-Kultur-Festival scharf kritisiert. Mehrere arabischstämmige Künstler haben ihre Teilnahme abgesagt.
Schottische Band Young Fathers

Schottische Band Young Fathers

Foto: PAUL HACKETT/ Reuters

Das vom Musicboard des Berliner Senat geförderte Pop-Kultur-Festival hat sich binnen kurzer Zeit als Bühne und Forum für progressive Musik-Acts und Künstler aus aller Welt etabliert. Am Mittwoch startet auf dem Gelände der Kulturbrauerei im Stadtteil Prenzlauer Berg die dritte Ausgabe.

Allerdings muss das Festival diesmal ohne die Auftritte von etlichen aus dem arabischen Raum stammenden Künstler auskommen. Musiker wie der syrische DJ Hello Psychaleppo oder die tunesische Sängerin Emel Mathlouthi haben in den vergangenen Tagen abgesagt, am Mittwoch kündigte auch die schottische Band Young Fathers, einer der Haupt-Acts des Festivals, ihren Rückzug an.

Grund ist ein Boykott-Aufruf des international agierenden Aktivisten-Netzwerks BDS (Boycott, Divestment, Sanctions), das sich seit 2005 zum Ziel gesetzt hat, den kulturellen und institutionellen Einfluss Israels zu boykottieren. Prominente Künstler wie Roger Waters und Kate Tempest gehören zu den Unterstützern der Initiative. Zuletzt machte die BDS-Bewegung mit einer Kampagne gegen ein Konzert von Radiohead in Israel auf sich aufmerksam, nun trifft es das im Vergleich weniger bedeutende Pop-Kultur-Festival.

Dabei geht es lediglich um die Reisekostenbeihilfe von 500 Euro, die von der Kulturabteilung der Israelischen Botschaft in Berlin für die eingeladenen Künstler aus Israel zur Verfügung gestellt wurden. Die Botschaft wurde daher zunächst als Partner des Festivals ausgewiesen. Anlass genug für BDS, Künstler mit Nachdruck zum Boykott aufzurufen. (Aufruf von BDS hier nachlesen ).

Grütters: "Absolut unerträglich"

Die Festival-Kuratoren reagierten darauf mit einem Statement, in dem sie an den künstlerischen Dialog appellierten, auf die Normalität des Kostenbeitrags verwiesen - und sich klar gegen eine Beeinflussung durch den israelischen Staat positionierten: "Die Kampagne behauptet, Pop-Kultur sei 'co-organisiert' oder 'co-finanziert' vom Israelischen Staat, was unwahr ist." (Komplettes Statement hier nachlesen ).

Zur Eröffnung der Pop-Kultur hat sich nun auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) scharf gegen die Boykott-Kampagne gewendet. Das Musikfestival habe sich innerhalb kurzer Zeit zum Schmelztiegel verschiedener kreativer Szenen entwickelt, sagte Grütters in einer Pressemitteilung. Musikerinnen und Musiker kämen dort mit Künstlern und Unternehmern ins Gespräch. "Künstlerische Freiheit finden sie zurzeit wohl nirgends mehr als hier in Berlin; die Stadt ist Sehnsuchtsort vieler Kreativer aus aller Welt."

Es sei "absolut unerträglich", so Grütters, dass die antiisraelische Hetze im Vorfeld des Festivals einige Künstler aus arabischen Ländern veranlasst hat, ihre Teilnahme abzusagen - umso mehr, als ja gerade die Musik gemeinsame Sprache sein kann, wo Worte als Mittel der Verständigung versagen." Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) hatte zuvor in einem Interview  noch deutlichere Worte gefunden: Er bezeichnete die BDS-Kampagne im "Tagesspiegel" als "widerlich".

Das dreitägige Festival wird vom Musicboard des Berliner Senats organisiert und ist mit rund 600.000 Euro ausgestattet. Auftragswerke unterstützt die Kulturstaatsministerin zusätzlich mit 500.000 Euro. Bei der dritten Ausgabe des Festivals, das zuvor im Berghain und in Neukölln beheimatet war, treten in den kommenden Tagen Künstler wie Balbina, ABRA, Sophia Kennedy und die türkische Band Jakuzi auf. Zusätzlich gibt es DJ-Sets, Kunstinstallationen, ein Nachwuchsprogramm, Lesungen und Diskussions-Panels.

bor/dpa
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