
Pop!: Schnarchnasen in Beige
Pop! Schnarchnasen in Beige
Hausfrauen-Hits
Jetzt, da die Pop-Saison 2011 sich dem Ende zuneigt, wird abgerechnet. Und dass da vor allem die Künstlerin Adele zur Zielscheibe wird, ist nicht überraschend. Unverschämt unangefochten hat die junge Britin in diesem Jahr die Hitparaden der Welt dominiert. Mehr als zehn Millionen Mal ging ihr Album "21" bislang weg, nebenbei setzte sie neue Rekordmarken für das längste Verweilen an der Spitze der britischen und amerikanischen Charts.
Ein Triumph, der nicht nur für Erstaunen und Anerkennung sorgt, sondern selbstverständlich auch für Neid und Missgunst. In Erklärungsversuchen werden gern Vergleiche zu Lady Gaga gezogen. Letztlich repräsentieren Adele und sie zwei grundverschiedene Auslegungen von Pop. Der Erstgenannten kann es gar nicht dezent genug zugehen, Lady Gaga hingegen versucht jeden schrillen Coup noch zu steigern. Und weil es hier um Pop, also um Entertainment geht, gilt Adele einigen Beobachtern als verschnarcht und Lady Gaga dagegen als aufregend. Was nichts daran ändert, dass Gagas letztes Album trotz bunter Kostümauftritte vergleichsweise blass blieb und gegen Adeles musikalische Weltherrschaftsansprüche wenig ausrichten konnte.
Damit will sich nicht jeder abfinden. Als erster prominenter Adele-Lästerer tat sich bereits im Juni der amerikanische Star-Kritiker Sasha Frere-Jones hervor, der höhnte: "Adeles Zielgruppe sind mittelalte Hausfrauen, die nicht wissen wie man Musik illegal runterlädt und die sich ihre CDs bei Starbucks kaufen."
In die selbe Kerbe schlägt nun der britische Pop-Autor Peter Robinson. In einem Blog Beitrag des "Guardian" ruft er die "New Wave des Beige Pop" aus. Beige dient ihm hier als Beispiel der farbgewordenen Langeweile. Alternativ dazu bietet er "The New Boring", also die "Neue Langeweile", als Kategorie für Adele. "Old Boring", die Schnarchnasen von gestern, das waren Coldplay oder James Blunt. Nun sorge eben Adele für gepflegte Ödnis in den Charts. Und, so klagt Robinson, es drohen schon die nächsten Langweiler. Zum Beispiel ein Bübchen namens Ed Sheeran, eine neue Singer-Songwriter Hoffnung aus London, von Robinson ebenfalls als turbo-lahm abgekanzelt. Warum? Weil Adele und Sheeran dem Autoren einfach zu normal, zu alltäglich und vor allem zu unglamourös sind. Weil man zu ihren Songs kaum tanzen kann, und weil sie irgendwie jeder gut findet. Umso enttäuschter bejammert Robinson das schlechte Abschneiden von Lady Gaga in dieser Saison.
Aber selbst wenn man Adele so glamourös wie Guido Westerwelle findet, lässt sich kaum darüber streiten, dass ihr "Rolling In The Deep" der Hit und Soundtrack des Jahres 2011 war und ist. Ein Renner, den bereits Kollegen wie Patti Smith und Linkin Park nachleierten. Ein Fingerschnipp-Ohrwurm, der immer noch aus Taxen und Coffeeshops plärrt.
Bei Lady Gaga bleibt dagegen nur die Erinnerung an Kostüme. Oder wer kann aus dem Kopf einen richtigen Hit ihres aktuellen Albums nennen? Aber das Jahr hat ja noch einige Wochen und der Zank um die "Neue Langeweile" hat erst begonnen.
Gaga-Queen
Ein Künstler, dem man alles Mögliche nachsagte, aber ganz sicher nicht, ein Langeweiler zu sein, war Queen-Sänger Freddie Mercury. Seit dessen Tod zerbrechen sich seine Ex-Kollegen den Kopf wie der Paradiesvogel zu ersetzen sein könnte. Nach Übergangs- und Verlegenheitslösungen wie der Rockröhre Paul Rodgers brachte Queen-Gitarrist und Hobby-Astronom Brian May nun tatsächlich Lady Gaga ins Spiel. Dem "Daily Express" verriet May: "Lady Gaga ist sehr kreativ und jemand, von dem wir uns vorstellen könnten, in dieser Band zu singen." Dass Lady Gaga ebenfalls Queen-Fan ist, lässt schon ihr Künstlername ahnen, den sie bekanntlich dem alten Queen-Gassenhauer "Radio Gaga" entliehen hat.
Wilder Schnee
Jenseits aller Debatten um Glamour und Langeweile bewegte sich schon immer Kate Bush. Die reservierte Britin hatte für ihre vielen Verehrer gerade mal wieder eine Überraschung parat, als sie nach einer Ewigkeit des Schweigens kürzlich ihr bereits zweites Album in diesem Jahr ankündigte. "50 Words for Snow" soll rechtzeitig vor Weihnachten erscheinen. "Wild Man" ihrer ersten Single daraus, kann man bei YouTube lauschen .
Video-Ausgrabungen
Ebenfalls bei "You Tube" ist ein bizarres, 40 Jahre altes und sehr verwackeltes Filmchen aufgetaucht, das Miles Davis und John Lennon beim Baskettballspielen zeigt. Kein Witz.