Popstar Jackson Wenn nichts mehr geht, hilft "Billie Jean"
Den tragischen Zirkus-Freak der vergangenen Jahre brachte man mit dem großartigen Künstler kaum noch in Verbindung. Das Drama des Musikers Jackson war, dass hinter all dem Missbrauchs-, Insolvenz-, Scheidungs-, Baby-auf-Balkon-balancier-Schlagzeilen-Gewusel der innovative Sänger, Songwriter, Plattenproduzent, Arrangeur, Tänzer und Choreograf verschwand. Das schienen zwei verschiedene Geschichten und Existenzen zu sein. Dabei trug Michael Jackson den selbstverliehenen Titel des "King of Pop" einige Jahre lang durchaus zu Recht.
Als siebtes Kind einer Sippe, die von einem rabiaten Patriarchen beherrscht und getriezt wurde, trat Klein-Michael mit elf Jahren (manche Fachleute behaupten bereits mit vier!) dem aufstrebenden Familienunternehmen The Jackson 5 bei. Mit seinen trällernden Brüdern gelangen ihm frühe Hits wie "I Want You Back".
Als "Die Entbehrlichen" hat die amerikanische Autorin Margo Jefferson seine älteren Geschwister abgefertigt. Wohl zu Recht. Auch Berry Gordy, Betreiber der Plattenfirma Motown, fiel das außerordentliche Talent des Bürschchens schnell auf. Daraus resultierten vier frühe Soloplatten, die die Hitparaden aber nicht wirklich aus den Angeln hoben.
Spannend wurde die Geschichte, als Michael Jackson Ende der Siebziger auf den damals bereits altgedienten Profi Quincy Jones traf. Was das scheue Wunderkind und der coole Trickser im Studio zauberten, landete im Olymp der Pop-Geschichte. Vor 30 Jahren erschien "Off The Wall", produziert von Quincy Jones, co-produziert von Michael Jackson, das sich weltweit zwanzig Millionen Mal verkaufte, und bei dem Michael Jackson zum ersten Mal komplette künstlerische Freiheit gewährt wurde, die er sensationell nutzte.
Die erste Single war das immer noch erstaunlich klingende, atemlose Disco-Inferno namens "Don't Stop 'Til You Get Enough" das Jackson nicht nur verfasste, sondern bei dem er obendrein noch Percussion spielte und Arrangements beisteuerte. Noten zu Papier bringen konnte er ausnahmsweise nicht. Dafür hatte er immer Menschen, in diesem Fall seinen Bruder Randy, denen er schnell mal am Klavier eine Weltklasse-Melodie vorpfiff.
Richtig in Fahrt kamen Jackson und Jones aber erst bei ihrem zweiten gemeinsamen Streich: "Thriller". Dafür verfasste Michael: "Wanna Be Startin' Somethin'", "Beat It" und selbstverständlich "Billie Jean". Auch sonst war er hier wieder omnipräsent. Arrangierte die Bläser, den Gesang, die Synthesizer und und und. Das Wolfsgeheul aus "Thriller" nahm er nachts in einer Sackgasse hinter dem Studio auf!
"Billie Jean" ,einen der wenigen Kandidaten auf den Titel als "perfekter Pop Song" lehnte Quincy Jones anfangs noch als läppisch ab. Zum Glück setzte sich Michael Jackson durch. Eine später nachgereichte "Home-Demo-Version" von 1981 belegt, wie weitreichend er seinen Klassiker bereits allein entworfen hatte, bevor Quincy Jones mitmischte. Schon der Basslauf, dieses majestätisch, elegante Wummern mit dem der Song beginnt, darf als Geniestreich verbucht werden, der bis heute nichts von seiner Kraft eingebüßt hat.
Das Album "Thriller" setzte Maßstäbe. Wirtschaftlich - nie zuvor hatte ein schwarzer Musiker so unglaublichen Mengen an Tonträgern abgesetzt -, aber auch künstlerisch. Mit leichter Hand kreuzte Jackson allerlei Genres von Rock bis Soul, von Disco bis Pop und inspirierte mit dieser lässigen Freiheit, mit dieser Haltung, dass der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind, noch Generationen.
Dazu kamen sein "Moonwalk", größenwahnsinnige Videoclips und Modebewusstsein. Damals, 1982, war Michael Jackson tatsächlich der unumschränkte Herrscher im Pop-Universum. Danach ging es bergab.
Sicher, "Bad", das dritte Jackson-Jones Album mit Hits wie "Smooth Criminal" geriet noch anständig, aber dann war die Luft endgültig raus. Jacksons Finales Werk "Invincible" (2001) begeisterte nur noch unverwüstliche Verehrer. Zuletzt musizierte der lädierte Star noch mit künstlerischen B-Kräften wie Will.I.Am von der Klamauktruppe Black Eyed Peas und dem Hilfsrapper Akon. Was dabei herauskam, wird wohl spätestens zu Weihnachten global vermarktet werden.
Aber bis heute - und wahrscheinlich für immer - gilt: Wenn auf einer Party nichts mehr geht, hilft der Bass von "Billie Jean"! Wenn nicht, sollte man schleunigst das Weite suchen!