Profitsüchtige Musikkonzerne
Volle Dröhnung für das Big Business
Laut + laut = krank. Vor dieser Gleichung warnen Experten. Trotzdem produziert die Musik-Industrie vermehrt Lärm, um ihre Kassen zu füllen. Übersteuerter Sound sorgt angeblich für größere Profite.
London - In Großbritannien geraten profitsüchtige Musikkonzerne mal wieder ins Kreuzfeuer der Kritik. Nach einem Bericht der "Times" mischt die Musik-Industrie ihre Aufnahmen oft zu laut ab, in dem Glauben, die Alben würden sich dann besser verkaufen. Doch digital übergeregelte Lautstärke macht ihre Produzenten nicht nur reich, sie macht deren Hörer vor allem krank.
Laut Bericht warnen Experten vor den Folgen des so genannten "Peak limiting": Der Tonpegel wird auf eine gleich bleibend hohe Lautstärke geregelt, leisere Passagen fallen weg. Das Resultat: Die Musik dröhnt durchgehend - ein Vorteil um sich beispielsweise gegen Hintergrundgeräusche in Kneipen durchzusetzen. Als "unhörbar" gilt Studio-Experten das Album "Californication" von den Red Hot Chili Peppers. Im Januar hatte die Zeitung "The Guardian"
eine Liste mit überlauten Tonträgern veröffentlicht, darunter neben den Peppers auch Iggy Pop, Lily Allen, Rush, Paul Simon und die Brit-Popper Oasis.
Zu laut ausgesteuerte Musik mache die Zuhörer nicht nur müde sondern könne wahrlich schmerzhaft sein, sagte Angelo Montrone, ein Techniker bei Sony Music. In einem offenen Brief an die Musik-Industrie fragte er: "Haben Sie jemals den Fernseh-Testton gehört, wenn der Sender seine Ausstrahlung unterbricht? Haben Sie gemerkt, wie schnell das in den Ohren weh tut? Genau das gleiche passiert mit zu laut ausgesteuerter Musik. Man entfernt jegliche Dynamik."
Die so genannte Hörschwelle liegt bei 0 Dezibel. In den achtziger Jahren wurde durchschnittlich mit einem Schalldruckpegel von -18 dB gearbeitet, so der Bericht. Erst die digitale Tontechnik habe es ermöglicht, die Lautstärke immer weiter hochzuregeln. Ist der Pegel dauerhaft zu hoch, so kann dies zu Unwohlsein und Schmerzempfindungen bei Musikhörern führen.
Rock- und Folk-Legende Bob Dylan schloss sich der Kampagne an. Dem Musikmagazin "Rolling Stone" sagte er, das die Klanggestaltung moderner Platten viel zu statisch sei. Ein Appell wider die Ohren-Betäubung.
bos
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.