Rockroman "Haarweg zur Hölle"
Pudelrock in hautengen Plastikhosen
Dieses Rockmärchen aus den achtziger Jahren ist turbulent: Hermann Bräuers Roman "Haarweg zur Hölle" erzählt von einer Gruppe Münchner, die als Hair-Metal-Band groß rauskommen möchten. Bislang galt das Genre unter Musikfans als schlechter Scherz - nicht nur wegen der Frisuren.
Wer an München und Musik denkt, kommt nicht unbedingt auf Hair Metal. Eher auf Disco, Donna Summer, Giorgio Moroder und DJ Hell. Vielleicht noch, nun ja, auf die Spider Murphy Gang. Dass Hair Metal, eine der merkwürdigeren
, in Bayern eine Heimat haben könnte, kann man sich erst nach der Lektüre des Romans mit dem herrlich absurden Titel "Haarweg zur Hölle" ausmalen. Einem Taschenbuch mit dem nicht ganz so einladenden Untertitel "Ein hart gerockter Heimatroman", was wahrscheinlich all die Konsumenten anlocken soll, die "Fleisch ist mein Gemüse" von Heinz Strunk zum Überraschungsbestseller machten. Dabei hat Hermann Bräuer, der Autor, solche Anbiederungen nicht nötig.
Amüsant erzählt er eine - wohl teils autobiografische - Geschichte, in der ein paar Jungs von München aus als Hair-Metal-Band in der Welt groß rauskommen wollen. Ein turbulentes Märchen, das zwangsläufig in den achtziger Jahren spielen muss, der großen Zeit des Hair Metals. Ein Genre, das einem eigentlich schon deshalb sympathisch sein muss, weil es den meisten aufrechten Musikfans immer als ganz schlechter Witz galt.
Warum? Zuerst einmal wegen des Äußeren, wegen der hautengen Spandex-Plastik-Hosen und wegen der absurden Haarmähnen, auf die auch der Spitzname Pudel-Rock zurückzuführen ist.
Aber eben auch wegen der Musik, einem gezähmten Hardrock, in dem hochpolierte Balladen und säuselnde Gitarrensoli als ultimativer Coup galten. Berühmt wurden meist amerikanische Bands wie Mötley Crüe, Bon Jovi, Poison oder Stryper. Aber auch die Schweden von Europe ("The Final Countdown") punkteten eindrucksvoll. Ausgerockt hatte es sich für die meisten dieser Hair-Metaller, als Anfang der neunziger Jahre Kurt Cobain und
die Hitparaden der Welt übernahmen.
Llord Nakcor (Rock'n'Roll rückwärts) nennen sich im Roman die Nachwuchsrocker, mit denen der Holzinger Andi, einziges Kind eines mittleren Beamten und einer Zahntechnikerin, den Rock'n'Roll-Olymp oder zumindest ein paar Mädels erobern will. Bräuer gelingt das Kunststück, die ausufernden Träume vom Rock'n'Roll-Ruhm charmant und unterhaltsam mit den Härten der Realität zu verknüpfen. Leidenschaftlich und mit viel Detailwissen erzählt er von Auftritten im ZDF-Nachmittagsprogramm, desinteressierten Groupies und Rückzügen zu Mutti nach Hause. Dass sich das von Anfang bis Ende recht lässig liest, ist wohl Bräuers Erfahrung als Autor für lustige TV-Formate ("Blondes Gift" etc.) zu verdanken.
Hoffnungsfrohen Nachwuchs-Rockern kann sein Buch aber auch als heilsame Ernüchterung dienen. Was hoffentlich niemanden davon abhält, in irgendeiner Baracke seine Gitarre mit einem Verstärker zu verbinden und von wilden Eroberungen zu träumen.